Der himmlische Klingelstreich von Flensburg

Ein mürrischer Hausmeister, ein einsames Flüchtlingsmädchen und drei Polizisten: Der Kirchenkreis Schleswig-Flensburg hat einen anrührenden Film zum Fest gedreht.

Johanna Dübbers spielt ein einsames Flüchtlingsmädchen
Johanna Dübbers spielt ein einsames FlüchtlingsmädchenThorge Rühmann

Flensburg. Das Blaulicht des Peterwagens flackert an der Ziegelfassade. Ein junges Mädchen steht auf dem Kopfsteinpflaster, es friert offenbar und ist in eine Rettungsdecke gehüllt. Drei Polizisten kümmern sich um die Kleine. Was ist hier passiert?

Die Szene wirkt bedrohlicher, als sie in Wirklichkeit ist: Das Mädchen heißt Johanna Dübbers, ist sieben Jahre alt und wohlauf. Johanna ist die Hauptfigur, und die Polizisten sind Statisten – in einem Film, den der Kirchenkreis Schleswig-Flensburg gerade fertiggestellt hat: „Ein himmlischer Klingelstreich“ heißt er, darin ist die Weihnachtsgeschichte, modern interpretiert, zu sehen.

Alle leben für sich

Ein umherirrendes, unbegleitetes Flüchtlingsmädchen nimmt Heiligabend gleichzeitig Kontakt zu den Personen auf, die in einem Hochhaus wohnen: Es legt einfach die Hand auf so viele Klingelknöpfe wie nur möglich. Schnell kommen die Bewohner hervor –alarmiert, jeder aus seiner eigenen Situation gerissen. Alle leben eher für sich, doch mit der Ankunft des Mädchens ändert sich das schnell.

„Unser Ziel ist es, mit dem Video die Weihnachtsbotschaft in möglichst viele Haushalte zu bringen“, sagt Anja Pfaff, Sprecherin des Kirchenkreises, die das Filmprojekt gemeinsam mit Pastoren und Helfern umgesetzt hat. Man habe sich die Frage gestellt: Was tun, wenn wegen der Pandemie plötzlich doch keine oder nur sehr eingeschränkt Gottesdienste zum Fest erlaubt sind? Pfaff: „Wir zeigen das Video

auf Youtube

– da ist es egal, welchen Streich uns die Corona-Pandemie noch spielen mag.“

Riesiger Aufwand

Federführend habe Kai Hansen, Pastor in Haddeby bei Schleswig, das Drehbuch beigesteuert. Jeder im Team der beteiligten Helfern habe eigene Ideen eingebracht. So geriet das Skript allerdings zu lang – etliche Passagen, Szenen und Dialoge mussten irgendwann wieder gekürzt werden, so Pfaff. Eine lokale Filmproduktionsfirma, zu der Regisseurin Heike Hilterscheid und Kamerammann Mattis Hansen gehören, hat daraus einen Film gemacht.

In einer der Schlüsselszenen taucht der Hausmeister Olschewski auf, der vom Kirchengemeinderat Detlef Brix aus Quern gemimt wird. Die Szene, in der er einen griesgrämigen, mürrischen Hausmeister am Flensburger Marienkirchhof spielt, wird zwölf Mal wiederholt, bis die Regisseurin zufrieden ist. „Du schlenderst da am Haus lang, fegst ein bisschen – vielleicht können wir noch ein wenig Laub haben, bitte?“ruft sie. Dann heißt es: Ton läuft! Kamera läuft! Es wird gedreht. Brix gibt sein Bestes. Hinterher sagt er: „Es ist schon ein riesiger Aufwand – insgesamt wird das Video ja nur vier Minuten lang sein, und ich bin jetzt drei Stunden am Set. Zugleich ist es unglaublich interessant, dabei zu sein!“

Detlef Brix spielt den Hausmeister Olschewski, der die Polizei gerufen hat
Detlef Brix spielt den Hausmeister Olschewski, der die Polizei gerufen hatThorge Rühmann

Unterdessen soll sich Johanna Dübbers als Flüchtlingsmädchen einen Keks aus der Dose nehmen. Die Kamera filmt das aus nächster Nähe. Ein weißer Herrnhuter Stern leuchtet symbolhaft über dem Mädchen. Die Siebenjährige meistert die Szene gekonnt, dann wärmt sie sich mit Vater Michael Dübbers, Pastor der Kirchengemeinde in Schleswig, drinnen auf. Solange, bis sie erneut ans Set gerufen wird: Drei Polizisten fahren, wie es das Drehbuch vorsieht, mit Blaulicht auf den Kirchhof. Es sind Michael Petersen, Thorsten Pleß und Maylin Sörensen – von Beruf nicht einer der drei Könige, sondern tatsächlich Polizisten, die an der Polizeistation Flensburg Mitte ihren Dienst tun. Sie bringen die Geschenke – einen Plüschteddy, eine Decke und einen Pullover.

Nur der Baum zählt

Leise Kritik deutet der Film an der Art, wie Weihnachten heute gefeiert wird, an; dafür sorgen die Zwischentöne, etwa der Familienvater, der gestresst auf seine Tochter reagiert, als sie etwas aus dem Krippenspiel aufsagen will. Für ihn zählt fast nur der schön geschmückte Weihnachtsbaum. Auch die um sich greifende Einsamkeit vieler Menschen wird aufgegriffen. Wie der Film ausgeht? Das lässt sich auf Youtube verfolgen.