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Der Himmel ist offen

Gedanken zum Predigttext für den 14. Sonntag nach Trinitatis.

Predigttext am 14. Sonntag nach Trinitatis: 1. Mose 28,10–19aJakob schaut die Himmelsleiter 10 Aber Jakob zog aus von Beerscheba und machte sich auf den Weg nach Haran 11 und kam an eine Stätte, da blieb er über Nacht, denn die Sonne war untergegangen. Und er nahm einen Stein von der Stätte und legte ihn zu seinen Häupten und legte sich an der Stätte schlafen. 12 Und ihm träumte, und siehe, eine Leiter stand auf Erden, die rührte mit der Spitze an den Himmel, und siehe, die Engel Gottes stiegen daran auf und nieder. 13 Und der Herr stand oben darauf und sprach: Ich bin der Herr, der Gott deines Vaters Abraham, und Isaaks Gott; das Land, darauf du liegst, will ich dir und deinen Nachkommen geben. 14 Und dein Geschlecht soll werden wie der Staub auf Erden, und du sollst ausgebreitet werden gegen Westen und Osten, Norden und Süden, und durch dich und deine Nachkommen sollen alle Geschlechter auf Erden gesegnet werden. 15 Und siehe, ich bin mit dir und will dich behüten, wo du hinziehst, und will dich wieder herbringen in dies Land. Denn ich will dich nicht verlassen, bis ich alles tue, was ich dir zugesagt habe. 16 Als nun Jakob von seinem Schlaf aufwachte, sprach er: Fürwahr, der Herr ist an dieser Stätte, und ich wusste es nicht! 17 Und er fürchtete sich und sprach: Wie heilig ist diese Stätte! Hier ist nichts anderes als Gottes Haus, und hier ist die Pforte des Himmels. 18 Und Jakob stand früh am Morgen auf und nahm den Stein, den er zu seinen Häupten gelegt hatte, und richtete ihn auf zu einem Steinmal und goss Öl oben darauf 19 und nannte die Stätte Bethel.

Von Peter Welten

Verwickelt in große und kleine Fragen des Alltags bleibt uns der offene Himmel oft verborgen, eine Thematik, die die Texte dieses Sonntags miteinander zu verbinden scheint. Das gilt zweifellos für Jakob, der von seinem Vater Isaak von Beerscheba aus in das etwa 1000 Kilometer entfernte Haran auf Brautschau geschickt wird. Eine Frau aus der Sippschaft Abrahams soll er heiraten, eine uns befremdende Ordnung, verstehbar in einer Zeit, in der Israel seiner eigenen Existenz nicht mehr sicher war. Noch im Land legt er sich bei Sonnenuntergang auf einen Stein zum Schlafen – kein weiches Kopfkissen und doch besser als Dornen und Disteln! Der offene Himmel erscheint Jakob im Traum. Er sieht die Himmelsleiter von der Erde bis zum Himmel, die Boten Gottes, die Engel, sind auf ihr unterwegs und Gott selbst steht „vor ihm“ (Neue Zürcher Bibel). Was eine Leiter ist, ist sicher allseits bekannt und wird seit Jahrhunderten in der christlichen Kunst auch so dargestellt. Allerdings kommen wir der biblischen Vorstellung näher, wenn wir uns an den Alten Orient halten, an das Vorderasiatische Museum mit seinen Modellen und nicht an ein Obstgut in Werder mit den Leitern zum Obstpflücken. Der Turm von Babel bietet uns Anschauung: ein kubusförmiger Turm, von dessen Spitze aus eine Rampe auf die Erde führt und – so die Vorstellung – Gottes Wohnung im Himmel mit seinem Erscheinungsort auf Erden verbindet: also, offener Himmel.

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