„Der Glaube rettet vor dem Wahnsinn“

Yevgenii Zhabkovskiy ist Priester der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche (UOK) und lebt in Kirovohrad in der Zentralukraine. Im Gespräch sagt er: „Es ist eine Tragödie. Stoppt den Krieg!“

Christus-Ikone in einem ukrainisch-orthodoxen Gottesdienst. Für viele Menschen, die in der Ukraine ausharren oder geflüchtet sind, ist ihr Glaube Quelle für  Hoffnung und Kraft.
Christus-Ikone in einem ukrainisch-orthodoxen Gottesdienst. Für viele Menschen, die in der Ukraine ausharren oder geflüchtet sind, ist ihr Glaube Quelle für Hoffnung und Kraft.epd-bild/Peter Jülich

Was bedeutet Ihnen Ihr Glaube in dieser Situation?
Yevgenii Zhabkovskiy: Der Glaube ist das, was vor dem Wahnsinn rettet. Wenn ich an die Worte Christi denke, dass kein einziges Haar vom Kopf verloren gehen wird (Lukas 21,18), staune ich über Gottes Fürsorge für uns. Ich hoffe auf Gottes Fürbitte nicht nur für mein Haar, sondern auch für mich selbst, meine Familie und meine Gemeinde.

Was ist Ihre Hoffnung, was Ihr Gebet?
Unser Gebet ist einfach: Herr, erbarme dich! Alles um uns herum bricht zusammen, die Menschheit spielt verrückt und sie sagen: „Weiß ist schwarz!“, „ Mehr Waffen werden benötigt, um Frieden zu erreichen!“. Ich sage zu mir: „STOP! Ich muss es nicht hören, was sie sagen. Denn was sie sagen, bringt zum Tod.“ Hoffe auf Gott, alles steht im Evangelium geschrieben, so soll es sein, sei geduldig (Lukas 21,19). Dann wird es eine neue Erde und einen neuen Himmel geben (Jesaja 65,17)! Und die Worte des Gebets kommen mit Dankbarkeit zu Gott. So beten wir. Manchmal bitten wir um Gnade, manchmal danken wir.

„Gott hat alles für uns getan.“

Zweifeln Sie wegen all des Hasses und der Gewalt um Sie herum?
Nein. Gott hat alles für uns getan. Zum Beispiel, die Welt um uns herum. Er hat alles schön und vernünftig für uns erschaffen: Wir haben die Möglichkeit zu leben, zu arbeiten und unsere Seele zu retten. Er hat uns wie sich selbst gemacht, frei. Leider wissen wir nicht, wie wir die Freiheit nutzen sollen. Wir hören auf das Fleisch, den Körper, nicht auf die Seele. Also haben wir das Gebot „sei fruchtbar und mehre dich (Genesis 9,1)“, in eine Entschuldigung für Unzucht ausgenutzt. Ist Gott schuldig? Nein, er ist gut.

Finden Sie Trost in Ihrem Glauben?
Wenn ich nicht an den Herrn, die Heilige Dreifaltigkeit, den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist, glauben würde, hätte ich wohl ein verbittertes Herz und wäre verzweifelt.
Das Beispiel des Lebens Christi, der auf Erden kein Zuhause und keine Zuflucht hatte, tröstet mich. Ebenso das Beispiel der Heiligen, die erst vor Kurzem, vor 100 Jahren, während der Revolution und danach, getötet wurden, weil sie an Gott geglaubt haben und nicht abgewichen sind. Ich bete, dass Gott mir die Kraft gibt, dass mein Glauben wegen den irdischen Dingen nicht abweicht. Wie einer meiner Freunde sagte: „Das Wichtigste ist, sich nicht in die Hosen zu machen während der Hinrichtung.“

„Nach großem Blut und Leid wird es Frieden geben.“

Hilft Ihnen Ihr Glaube, anderen Menschen zu helfen?
Die Manifestation des christlichen Glaubens ist nur in Beziehungen zu anderen Menschen möglich. Nahstehende und Fernstehende, Bekannte und Fremde, Freunde und Feinde – alle sind ein Geschenk Gottes. Der Glaube wird durch sie geprüft. Wenn man immer versucht, sich wie ein Christ zu verhalten, nach dem Evangelium, versucht, nicht listig zu sein, dann kann man sehen, was für ein Christ man ist. Andere offenbaren dir selbst, was für ein Mensch du bist. Sie helfen, deine Seele zu retten. Es ist sehr nötig, anderen zu helfen und am Leben anderer teilzunehmen.

Gibt es in der Ukraine Konflikte zwischen verschiedenen Glaubensrichtungen?
Es gibt jetzt viele Unwahrheiten. Menschen, die sich Christen nennen, verkünden politische Parolen und wenden Gewalt an. Sie vertreiben die Priester und die Gemeinde aus der Kirche und sie nutzen sie selbst für ihren Glauben, schlagen Wehrlose, begehen mit Hilfe und Ermutigung des Staates sowohl geistliche als auch kriminelle Gesetzlosigkeit.
Ich weiß nicht, wie das für mich und meine Familie enden wird. Aber ich weiß, dass die Kirche Christi nicht überwunden werden wird (Matthäus 16,18)! Nach großem Blut und Leid wird es Frieden geben. Diejenigen, die überleben, werden im Feld des Herrn arbeiten. Diejenigen, die verloren gehen, werden vor dem Gericht Gottes stehen, und der Vater wird sich aller erbarmen.