Der „Forrest Gump“ der Rockmusik

Auch wer seinen Namen nicht kennt, hat ihn wahrscheinlich schon gehört: Al Kooper steuerte die charakteristische Hammond-Orgel bei „Like a Rolling Stone“ von Bob Dylan bei, er spielte Klavier bei dem „Rolling Stones“- Song „You Can’t Always Get What You Want“ und schuf mit seiner eigenen Band „Blood, Sweat und Tears“ einen neuen Sound. Am 5. Februar wird der Musiker, Songschreiber und Produzent 80 Jahre alt.

Weil er bei Schlüsselmomenten der Rockgeschichte dabei war, wird Kooper auch als „Forrest Gump“ der Rockmusik bezeichnet – in Anlehnung an den gleichnamigen Film und Roman: Er spielte für Jimi Hendrix Piano, Hendrix schenkte ihm auch eine seiner Fender-E-Gitarren. Er jammte mit B.B. King und Chuck Berry, spielte bei „The Who“ und den „Rolling Stones“. Er traf sich zum Tee mit Brian Wilson von den „Beach Boys“ und produzierte George Harrison und Ringo Starr.

Der Bluesmusiker John Lee Hooker würdigte Kooper einmal als großartigen Musiker, der den Blues liebe. Steve Winwood hob Koopers Orgelspiel und den Sound seiner frühen Aufnahmen hervor, die Einzug in das Repertoire eines jeden Organisten gefunden hätten. Der frühere Präsident des Musiklabels Columbia Records, Clive Davis, erklärte, dass Koopers Werke, etwa mit der Band „Blood, Sweat & Tears“, in „das Pantheon der besten zeitgenössischen Musik“ eingezogen seien.

Der Durchbruch kam für Kooper, als Bob Dylan 1965 den Song „Like A Rolling Stone“ in den Columbia Studios in New York aufnahm. Der 21-jährige Kooper war vom Produzenten als Zuschauer zu den Aufnahmen eingeladen worden. Als der Produzent gerade abgelenkt war, mogelte er sich an die Orgel. Der Song ist über fünf Minuten lang, es gibt keine Noten. Und Kooper, der eher Gitarrist war, verfügte damals nur über rudimentäre Kenntnisse des Orgelspiels.

„Aber das Band läuft – und da ist Bob Dylan. Also sollte ich hier sitzen, und irgendetwas spielen“, erinnert er sich in seiner Autobiografie: „Das Beste, was ich hinbekommen konnte, war zögernd auf Sicht zu spielen, und den Weg durch die Akkordwechsel zu fühlen, wie ein kleines Kind, das im Dunkel den Lichtschalter zu finden sucht.“

Dylan gefällt der Orgel-Sound und verlangt später von den Technikern, beim Abmischen die Orgel lauter zu machen. Als der Song weltweit rauf und runter gespielt wurde, sei er mit Angeboten für Aufnahmesessions überhäuft worden, berichtete Kooper einmal in einem Interview. Die Leute hätten „diesen Dylan-Sound“ gewollt und seien bereit gewesen, jeden Preis dafür zu zahlen.

Geboren wurde Kooper am 5. Februar 1944 in Brooklyn als Alan Peter Kuperschmidt. Schon als Kind spielte er Songs aus dem Radio auf Klavier und Gitarre nach. Mit 14 war er Gitarrist in einer Teenie-Rock’n‘ Roll-Band. Als Schüler schrieb er für Musikverlage am Broadway Songs und sprang auch als Begleitmusiker ein.

Nach einem Engagement bei einer Bluesband, „The Blues Project“, gründete Kooper 1967 mit „Blood, Sweat & Tears“ seine eigene Band. Dabei kombinierte er Bluesrock mit jazzigen Bläsersätzen. Nach Streitigkeiten verließ er die Band jedoch nach kurzer Zeit wieder. In Musikerkreisen geschätzt wird auch die Aufnahme „Supersession“ (1968), die Kooper gemeinsam mit befreundeten Musikern, dem Blues-Gitarristen Mike Bloomfield und Stephen Stills („Crosby, Stills & Nash“), einspielte.

Kooper war darüber hinaus als Produzent erfolgreich. Er entdeckte die Southern-Rock-Band „Lynyrd Skynyrd“ und produzierte deren erste drei Alben, unter anderem mit dem Hit „Sweet Home Alabama“. In seinen späteren Jahren wurde es ruhiger um Kooper. Aus dem aktiven Musikmachen hat er sich inzwischen weitgehend zurückgezogen. Mit seinen Innenansichten aus 60 Jahren Rockgeschichte ist Kooper aber noch immer ein gefragter Interviewgast. Er betreibt auch den Podcast „Kooperkast“.

Anfang der 2000er Jahre überstand er die Operation eines Hirntumors. „Ich habe keine Angst vor dem Tod“, schrieb Kooper nach der Diagnose in seiner aktualisierten Autobiografie „Memoiren eines Rock’n‘ Roll-Überlebenden“: Er habe ein wundervolles Leben gehabt, er vermisse nichts. „Ich habe das Leben gelebt, das ich leben wollte. Alles Übrige ist ein Bonus.“