Der Draht zu den Zuschauern

Feedback und ganz persönliche Geschichten: Die Bandbreite dessen, worüber die Menschen am Zuschauertelefon nach dem Gottesdienst ins Gespräch kommen, ist groß.

Nach einem Fernsehgottesdienst gibt es meist die Möglichkeit, am Telefon über den Gottesdienst ins Gespräch zu kommen.
Nach einem Fernsehgottesdienst gibt es meist die Möglichkeit, am Telefon über den Gottesdienst ins Gespräch zu kommen.Unsplash/Miryam Leon

Wenn am Sonntagmorgen die letzten Bilder des evangelischen ZDF-Fernsehgottesdienstes über den Bildschirm laufen, lässt die Anspannung langsam nach bei denen, die mitgemacht haben. Für andere dagegen beginnt in diesen Minuten der Stress: Das sind die, die die Anrufe an den Zuschauertelefonen entgegennehmen. Die Nummer dafür wird am Ende des Abspanns groß eingeblendet. Bis 18 Uhr am gleichen Tag ist sie freigeschaltet.

Die Frauen und Männer, die da am Hörer sitzen, sind in der Regel Ehrenamtliche aus der beteiligten Gemeinde, 20 an der Zahl. Sie sind in mehrere Schichten eingeteilt, zehn für die ersten Stunden, in denen es besonders lebhaft zugeht, und jeweils mehrere für den Nachmittag. Die gesamte Gruppe erhält im Vorfeld eine Einführung von den Sendebeauftragten des ZDF, Simone Hahn und Stephan Fritz.

In der ersten Stunde klingelt das Telefon ununterbrochen

Hahn hat in ihrer Zeit als Gemeindepfarrerin in Nürnberg selbst am Zuschauertelefon gesessen und weiß, wie gut das Angebot ankommt: „In der ersten Stunde klingelt das Telefon ununterbrochen.“ Da sind zum einen die vielen, die direkt nach der Ausstrahlung anrufen und einfach nur kurz ihren Dank und ihr Lob loswerden möchten.

Später melden sich dann andere. „Das sind viele ältere Menschen, zum Teil 80, 90 Jahre alt, die sagen: Das Thema hat mich angesprochen“, sagt Hahn. „Dann erzählen sie von Erfahrungen und Erinnerungen, die manchmal gar nichts mit dem Gottesdienst zu tun haben, aber durch ein Wort oder ein Lied bei ihnen geweckt wurden.“

Telefonate nach dem Gottesdienst als Ausgleich für fehlenden persönlichen Kontakt

Diese Gruppe ist während der Corona-Zeit stark gewachsen und bis jetzt zahlreich vertreten unter den Anruferinnen und Anrufern. „Ich glaube, für manche war das der einzige längere Kontakt, den sie unter der Woche hatten“, meint Simone Hahn. Sie hat schon erlebt, dass solche Gespräche sich über eine halbe Stunde hinziehen, wenn beide Seiten einen Draht zueinander finden – eine schöne Erfahrung für beide Seiten.

Natürlich gibt es auch Telefonate, die nicht ganz so einfach zu führen sind. Nach Gottesdiensten am Ewigkeitssonntag etwa hören die Ehrenamtlichen am Telefon viele traurige Geschichten. „Da hat mir mal eine Dame erzählt, dass sie nach all diesen bedrückenden Anrufen erst mal mit ihrem Sohn telefonieren musste, um wieder auf andere Gedanken zu kommen“, sagt Hahn.

Sehr viel positives Feedback

Auch der Umgang mit Menschen mit psychischen Auffälligkeiten, von denen sich immer einige wenige melden, kann belastend sein. „Für solche Fälle empfehlen wir den Ehrenamtlichen, sich nicht zu lange auf das Gespräch einzulassen. Helfen oder heilen können wir in der Situation sowieso nicht. Trotzdem tut es den Betroffenen oft gut, über ihre Situation zu sprechen.“

Aber das sind Ausnahmen. Weit über 90 Prozent der Anrufer, so schätzt Hahn, geben ein positives Feedback, möchten einfach ihre Dankbarkeit für die Worte, die Musik, die Bilder aussprechen. Die Senderbeauftragten legen den Gemeinden nahe, sich einige Tage nach der Fernsehausstrahlung mit dem Telefon-Team zum Austausch zu treffen. „Das ist wie eine warme, freundliche Dusche“, sagt Hahn. „Es gibt so viel Spannendes zu erzählen. Und die, die am Telefon gesessen haben, sind dann richtig stolz auf ihre Gemeinde.“