Der Dichter und seine Kirchen

200 wäre er dieses Jahr geworden – so alt wird natürlich kein Mensch. Aber das Werk des Dichters Theodor Fontane hat die Zeit überdauert. Ein neues Buch zeigt jetzt, dass Fontane bei seinen Wanderungen durchaus auch die Kirchen im Blick hatte

„Die Landschaft ist reizlos, im wesentlichen auch das Dorf“, schrieb Theodor Fontane (1819-1898) über Friedersdorf bei Seelow, doch etwas hat ihm gefallen: „Wir blicken alsbald in eine Dorfkirche hinein, die sehr wahrscheinlich in märkischen Landen nicht ihresgleichen hat.“ Dorf und Kirche sind seit Jahrhunderten mit der Familie von der Marwitz verbunden, der märkische Dichter hat ihr in den „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ etliche Zeilen gewidmet.

20 Autoren begeben sich auf Spurensuche

Zum Fontane-Jubiläumsjahr zum 200. Geburtstag des Schriftstellers 2019 steuert deshalb auch der CDU-Bundestagsabgeordnete und Bio-Landwirt Hans Georg von der Marwitz einen Beitrag bei. „Auferstanden aus Ruinen“, schreibt der gebürtige Heidelberger, der 1990 in den Ort seiner Vorfahren zurückgekehrt ist, über die Sanierung der Dorfkirche nach der Wiedervereinigung: „Johannes Becher und Hanns Eisler (Anm. d. Red.: Texter und Komponist der DDR-Nationalhymne) mögen es mir verzeihen, dass ich ausgerechnet die ersten Worte der Nationalhymne der DDR zitiere, aber schöner lässt sich die Renaissance der Friedersdorfer Barockkirche kaum formulieren.“
Der Beitrag gehört zu den Geschichten, die Antje Leschonski für ihr Buch „Von Dorf zu Dorf, von Kirche zu Kirche“ zum Jubiläumsjahr zusammengetragen hat. Mit Texten von 20 Autoren begibt sie sich dort auf die Spuren Fontanes in märkischen Kirchen, darunter in Rheinsberg, Siethen und Meseberg. Im Febraur soll es erscheinen, derzeit ist die gelernte Buchhändlerin aus Berlin mit den letzten Arbeiten daran beschäftigt. „Fontane war sehr interessiert an Kirchen“, betont sie.
Auch beim „Dorfkirchensommer“ der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz soll der Schriftsteller 2019 gewürdigt werden. „Unbedingt“, sagt Leschonski dazu. Sie gehört zu den Gründerinnen der Initiative, die jedes Jahr ein umfangreiches Kulturprogramm der märkischen Dorfkirchen zusammenstellt.
Noch stehen nicht alle Veranstaltungen fest, Lesungen aus dem Buch soll es in verschiedenen Kirchen geben, geplant ist auch ein Konzert mit Werken des Kirchenmusikers und Komponisten Manfred Schlenker, der mehrere Fontane-Gedichte vertont hat. Und der Berliner Altbischof und frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, werde mit seiner Ehefrau Kara aus Fontane-Werken lesen, erzählt Leschonski. Am 12. Mai soll der „Dorfkirchensommer“ in Karwe nahe Fontanes Geburtsstadt Neuruppin eröffnet werden.
Die evangelische Landeskirche plant kein eigenes Programm zum Fontane-Jahr. In den Gemeinden finde das Jubiläum jedoch viel Resonanz, sagt Kirchensprecherin Heike Krohn-Bräuer. In der Dorfkirche von Blumberg am nördlichen Berliner Stadtrand soll eine Ausstellung über Fontanes Beziehungen zu den historischen Porträt-Kunstwerken der Kirche gezeigt werden. Die Stadtführungsagentur des evangelischen Kirchenkreises Berlin-Stadtmitte „Cross Roads“ bietet besondere Fontane-Führungen an.
Brandenburgs Landesregierung widmet Fontane 2019 ihren jährlichen Foto-Kalender über das Bundesland. Das Kloster Chorin, die Kirche von Luckenwalde, das Pfarrhaus von Potsdam-Fahrland und die Friedersdorfer Kirche gehören zu den Motiven. Fontanes Werk sei „voll von protestantischen Pfarrern“, heißt es dazu in einem der Kalendertexte: In seinen Romanen seien sie „nicht nur Hirten und Honoratioren, sondern oft auch aufgeklärte Dichter, kluge Pädagogen, sammelnde und forschende Geister“, die in ihren „märkischen Gebetsstuben Kunst und Literatur“ gepflegt hätten.
Der 1764 geborene und 1838 gestorbene Dichter und Pastor Friedrich Schmidt von Werneuchen ist einer davon. „Schmidt von Werneuchen handhabte Vers und Reim mit großer Leichtigkeit und zählte zu den produktivsten Lyrikern jener Epoche“, schreibt Fontane über den Theologen: „Am vorzüglichsten war er da, wo er in klassischer Einfachheit und in nie zu bekrittelnder Echtheit die märkische Natur beschrieb.“
Auch auf dem Stahnsdorfer Südwestkirchhof, dem größten evangelischen Friedhof in Deutschland, soll Fontane im Jubiläumsjahr stärker in den Blick rücken. Elisabeth von Ardenne ist dort begraben, Vorbild für Fontanes Romanfigur „Effi Briest“.