Der bosnische Wallfahrtsort Medjugorje und seine Geschichte
Die Ereignisse vom Juni 1981 in Medjugorje haben der katholischen Kirche 43 Jahre lang Kopfzerbrechen bereitet. Jetzt soll eine Neuregelung des Vatikans Klarheit schaffen.
Der Vatikan hat die Marienverehrung im bosnischen Wallfahrtsort Medjugorje offiziell als authentisch anerkannt. Es sei an der Zeit, eine lange und komplexe Geschichte rund um die geistlichen Phänomene von Medjugorje abzuschließen, heißt es in einem am Donnerstag veröffentlichten Dokument.
Diese Phänomene haben den kleinen Ort in Bosnien-Herzegowina – weniger als 2.500 Einwohner und eine halbe Autostunde südlich der Stadt Mostar – weltberühmt gemacht. Der Tag, der alles veränderte, war der 24. Juni 1981. Die Gemeinde feierte das Fest Johannes des Täufers, als zwei Teenager, Mirjana Dragicevic und Ivanka Ivankovic, beim Spaziergang laut ihren Berichten am Berg Podbrdo eine Lichtgestalt über dem Boden schweben sahen. Sie bezeichneten sie als “Gospa” – Jungfrau Maria.
Statt sich ihr zu nähern, halfen sie einer Freundin, die Schafe nach Hause zu treiben. Dabei wollen sie die Gestalt erneut erblickt haben, diesmal mit einem Kind im Arm. Auf dem Nachhauseweg begegneten sie drei weiteren Jugendlichen, die ebenfalls später angaben, die Erscheinung gesehen zu haben. Zu Hause glaubte man ihren Berichten nicht, lachte sie aus und ermahnte sie, lieber zu schweigen und nicht mit religiösen Dingen zu spaßen.
An den beiden Folgetagen erblickten den Berichten zufolge immer mehr Menschen die Erscheinung. Kinder beschrieben sie als wunderschöne Frau und beteten mit ihr. Dabei soll sie sich selbst als “selige Jungfrau Maria” bezeichnet haben, deren Hauptanliegen es sei, Frieden zu stiften.
Für Begeisterung sorgte das bei den damals kommunistischen Behörden nicht, im Gegenteil. Die Jugendlichen wurden zunächst als Lügner und Drogensüchtige beschimpft. Am vierten Tag wurden die “Seher” im “Amt für Innere Angelegenheiten” in der Bezirksstadt Citluk verhört und medizinisch untersucht. Doch Berichte über weitere Erscheinungen kamen hinzu und zogen Tausende Menschen an.
Währenddessen wurde das Ergebnis der psychiatrischen Untersuchung vorgelegt: Als gesund und psychisch normal beschrieb eine Ärztin die Jugendlichen. Trotz Einschüchterungsversuchen – diese richteten sich auch gegen die Eltern – blieben sie bei ihrer Aussage. Abends habe die “Gospa” ihnen gesagt, sie werde so lange weiter erscheinen, wie diese es wollten.
Am neunten Tag vollzog sich eine Wendung. Ortspfarrer Jozo Zovko kam zurück nach Medjugorje und war zunächst besorgt über die “Leichtgläubigkeit” in seiner Gemeinde. Er dachte, die Jugendlichen seien von den Kommunisten angestiftet worden, um die katholische Kirche lächerlich zu machen und in Verruf zu bringen.
Dann vernahm er nach einem Gebet eine innere Stimme: Er solle die Kinder beschützen. Er begegnete ihnen, als sie gerade von der Polizei verfolgt wurden, und versteckte sie auf dem Pfarrhof. Eine Volksmiliz wurde derweil angewiesen, den Berg Podbrdo zu bewachen und Gläubigen den Zutritt zu verwehren. Die “Seher” erlebten Begegnungen mit der “Gospa” eigenen Erzählungen zufolge in ihren Häusern, später in einer Seitenkapelle der Kirche und im Pfarrhof. Nach langen Gesprächen hielt sie auch Pfarrer Zovko für glaubwürdig. Bei einer Abendmesse rief er schließlich zu einem dreitägigen Fasten sowie täglichem Gebet und Bibellesen auf.
Indes ging das harte Vorgehen der kommunistischen Behörden weiter. Während es in den Folgejahren für den Ort Restriktionen und für die “Seher” Untersuchungen und Befragungen gab, wurde Pfarrer Zovko ab dem 16. August 1981 gefoltert und bis Ende Februar 1983 inhaftiert. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International erwähnte ihn in ihrem Jahresbericht 1982 und setzte sich für ihn ein, bis er nach monatelanger Zwangsarbeit entlassen wurde.