Denkmalamt präsentiert “Dame von Kölleda”

Bei archäologischen Grabungen in einem Gewerbegebiet bei Kölleda in Nordthüringen sind mehr als 3.700 Einzelfunde gemacht worden. Herausragend sei die Bergung eines Frauengrabs aus dem sechsten Jahrhundert. Das reich ausgestattete Grab der „Dame von Kölleda“ gehöre zu den wichtigsten Funden aus dieser Zeit im mitteldeutschen Raum, sagte Christian Tannhäuser vom Thüringer Landesamt für Archäologie und Denkmalpflege am Mittwoch bei der Präsentation in einer Weimarer Restaurierungswerkstatt.

So sei die Tote mit einer von Goldfäden durchwirkten Haube, einem Collier aus Glasperlen, Goldplättchen und Halbedelsteinen sowie Ringen bestattet worden. „Sie trug ihre Sonntagstracht“, sagte Tannhäuser. Die Beigaben charakterisierten sie als Angehörige der gesellschaftlichen Oberschicht.

Daneben fanden sich Bronzeschalen, Speisebeigaben und Arbeitsgeräte. Die alltäglichen Gebrauchsgegenstände seien aus wissenschaftlicher Sicht nicht weniger spannend als der Goldschmuck.

So sei der „Dame von Kölleda“ etwa eine Spindel mit ins Grab gegeben worden. Das erlaube sowohl Rückschlüsse auf das Rollenbild der Frau in der merowingischen Gesellschaft als auch auf ihren Alltag. „Hier gibt es sogar Anknüpfungspunkte an eine Passage zum Märchen Rumpelstilzchen, in dem die Königstochter persönlich das Spinnrad bedient“, erklärte Tannhäuser.

Teile des Schmucks deuteten auf Verbindungen nach Italien hin. Vielleicht stamme die Frau von dort. Mittels naturwissenschaftlicher Analyseverfahren soll in den kommenden Jahren die Frage geklärt werden, wo sie aufgewachsen sei.

Noch ist die Tote laut Restaurierungsleiter Tim Schüler nicht vollständig ausgegraben. Das fast 20 Tonnen schwere Grab sei im Block geborgen und nach Weimar gebracht worden. Dabei sei es 1944 nur knapp der Zerstörung entgangen. Genau über der Fundstelle sei damals eine alliierte Fliegerbombe detoniert. Nur die ungewöhnliche Tiefe, in der die „Dame von Kölleda“ bestattet worden sei, bewahrte das Grab vor einem Totalverlust. Die tiefe Lage des Grabs sei wohl auch der Grund dafür, dass es als einziges in dem Gräberfeld nicht ausgeraubt worden ist.

Der bei den Grabungen im Gewerbegebiet Kiebitzhöhe entdeckte Friedhof mit insgesamt 17 Gräbern stand laut Schüler in enger Verbindung zu einer benachbarten Siedlung. Dieser Fundzusammenhang sei einzigartig für den Übergang vom 531 untergegangenen Thüringer Königreich in die fränkisch-merowingische Zeit.

In den kommenden Jahren werde das Grab untersucht. Dazu gehörten auch genetische Vergleichsanalysen der bestatteten Personen im Gräberfeld. Sollten sich Verwandtschaftsbeziehungen nachweisen lassen, wäre dies ein sehr früher Beweis für das Aufkommen der Abstammung als Merkmal der Zugehörigkeit zum Adel in Mitteleuropa.

Noch während der Völkerwanderungszeit mit ihren germanischen Einflüssen habe zur Oberschicht gehört, wer Herausragendes geleistet habe. Sei es den Nachkommen nicht möglich gewesen, an diese Taten anzuknüpfen, seien sie in der gesellschaftlichen Hierarchie auch wieder herabgesunken. Das Prinzip der adeligen Abstammung habe sich erst in der merowingischen Frühzeit herausgebildet, sagte Schüler.