Dem Glauben eine Chance geben

Vom Glauben geht tröstende und stärkende Kraft aus. Aber er wirkt nicht auf Knopfdruck. Je länger man ihn übt, desto wahrscheinlicher ist es, dass er zur Heimat wird.

Wenn man mit einem Zugang zum Glauben aufwächst, ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass er einem später im Leben als Ressource dienen kann.
Wenn man mit einem Zugang zum Glauben aufwächst, ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass er einem später im Leben als Ressource dienen kann.TSEW/ stock.adobe.com/leszekglasner/Neukirchener Verlag

Glauben hilft. Wenn Beziehungen enden, Krankheiten zuschlagen oder der Tod ins Leben einbricht; wenn eine Pandemie die Welt auf den Kopf stellt oder ein Krieg droht, dann machen viele Menschen die Erfahrung: Das Vertrauen, dass Gott über das Leben wacht und die Welt in seiner Hand hält, gibt Gelassenheit und Kraft.

Das heißt nicht, dass Menschen, die an Gott glauben, ganz ohne Zweifel, Erschöpfung oder auch Verzweiflung durchs Leben gehen. Natürlich nicht – von den finstern Tälern wussten schon die Psalmisten zu singen. Aber sie sangen eben auch davon, dass Gott da ist in der Dunkelheit, dass er mitgeht, tröstet, leitet. Das Wissen darum, dass man nicht tiefer fallen kann als in seine Hand, ist der Boden, auf dem gläubige Menschen stehen.

Glaube muss verinnerlicht sein

Allerdings funktioniert Glaube nicht wie eine Pille, die man bei Bedarf einfach einwirft, um Schmerzen, Ängste oder Traurigkeit auszuschalten. Glaube ist etwas, das man sich ein Leben lang aneignet, in dem man sich ständig üben muss. Wer mit biblischen Texten, Liedern oder kirchlichen Ritualen vertraut ist und diese über Jahre hinweg mit eigener Lebenserfahrung gefüllt hat, für den bedeutet der Glaube in Krisen Trost und Hilfe. Glaube muss verinnerlicht sein, wie der Religionssoziologe Detlef Pollack formuliert. Und, auch das hat der Wissenschaftler beobachtet: Diese Verinnerlichung beginnt am besten schon im Kindes- oder Jugendalter. Denn wer die christlichen Glaubensangebote und Traditionen erst als Erwachsener kennenlernt, tut sich viel schwerer, darin eine Heimat zu finden.

Das hat nichts mit kindlicher Leichtgläubigkeit zu tun und erst recht nicht mit ideologischer Manipulation. Im Gegenteil: Biblische Geschichten öffnen Kindern und Heranwachsenden Möglichkeiten, ein Ja zum Leben zu entwickeln, die Welt als Schöpfung zu entdecken und Erfahrungen wie Verlust, Schuld und Vergebung einzuordnen.

Früher Kontakt am nachhaltigsten

Wenn Kirche also Menschen zum Glauben einladen will, gibt sie ihnen am besten so früh wie möglich die Chance, in die Geschichten und Traditionen hineinzuwachsen, auf die sie dann ein Leben lang zurückgreifen können. Die Erzählrunde mit der Handpuppe im Kindergarten, Familiengottesdienste und Kinderbibeltage, Konfiunterricht und Jugendgruppen sind daher ungemein wichtig als Grundlage für einen Glauben, der dann später von Erwachsenen weiter mit Lebenserfahrung gefüllt werden kann.

Und auch wenn der Geist weht, wo er will, scheint dieser frühe Kontakt eine der erfolgreichsten und nachhaltigsten Arten zu sein, das Evangelium zu verkündigen – und damit nicht zuletzt die Kirche als Gemeinschaft der Gläubigen zu erhalten.