In Australien dürfen Kinder und Jugendliche, die jünger als 16 sind, keine Accounts mehr auf Social-Media-Plattformen nutzen. Ein Weg auch für Deutschland?
Nach dem Social-Media-Verbot für Jugendliche in Australien nimmt die Debatte über gesetzliche Maßnahmen auch in Deutschland an Fahrt auf. In einem am Mittwoch veröffentlichten “Spiegel”-Interview sprach sich die niedersächsische Kultusministerin Julia Willie Hamburg für entsprechende Regelungen aus. Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Stefan Düll, zeigte sich dagegen skeptisch.
In Australien ist es Jugendlichen unter 16 ab sofort verboten, ein eigenes Konto auf Social-Media-Plattformen zu besitzen. Betroffen von diesem Verbot sind zehn Anbieter. Neben Tiktok sind das Snapchat, Instagram, Facebook, Threads, X, Youtube, Twitch, Reddit und Kick. Medienberichten zufolge müssen Unternehmen, die das Alter ihrer Nutzer nicht konsequent überprüfen, mit Strafen von umgerechnet bis zu 30 Millionen Euro rechnen.
Diese möglichen Strafen liegen weit unter den Summen, die etwa die EU-Kommission Tech-Konzernen auferlegen kann, die sich nicht an EU-Digitalgesetze halten. Hier können insbesondere bei Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht Strafen von bis zu zehn Prozent des weltweiten Jahresumsatzes verhängt werden.
Für Kinder unter 14 Jahren sollten die Plattformen ausnahmslos verboten sein, “schon aus Gründen des Jugendschutzes”, forderte die Grünen-Politikerin Hamburg. Sie verwies auf pornografische und gewaltverherrlichende Inhalte, die darüber transportiert würden.
Lehrerverbandspräsident Düll bezweifelte dagegen die Durchschlagskraft eines solchen Verbots. “Der Staat bringt es seit Jahren nicht fertig, sicherzustellen, dass Nutzer von Pornoplattformen mindestens 18 Jahre alt sind. Also erwarte ich auch nicht, dass er in der Lage ist, ein Social-Media-Verbot bis 14 oder 16 umzusetzen.”
Anstelle von gesetzlichen Regelungen plädierte Düll dafür, Heranwachsenden mehr Kompetenz im Umgang mit Sozialen Medien zu vermitteln: “Schulen brauchen ihre eigenen Social-Media-Accounts, die sie gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern mit Inhalt füllen. Dann lernen sie nämlich noch etwas anderes: wie schwierig es ist, einen Inhalt vernünftig aufzubereiten, sodass er ins Format passt.” Das alles wiederum sei derzeit angesichts des Lehrkräftemangels allerdings kaum leistbar, räumte Düll ein.
Einig zeigten sich die Politikerin und der Verbandsvertreter darin, die Anbieter stärker in die Pflicht zu nehmen. “Techfirmen stehen in der Verantwortung, jugendgefährdende und demokratieschädliche Inhalte sowie Desinformation schneller zu löschen”, sagte Hamburg. “Falls digitale Plattformen nicht kooperieren, müssen sie sanktioniert werden.”
Verantwortung trügen aber auch die Eltern, betonte Düll mit Blick auf die Nutzung von Mobiltelefonen in der Schule. Hamburg sagte dazu: “Ich beobachte, dass sich viele Eltern sehr rigide Handyregeln in der Schule wünschen. Das passt aber nicht zu dem, wie sie in Teilen selbst mit den Handyzeiten ihrer Kinder umgehen. Wichtig ist, dass wir erkennen: Wir sitzen in einem Boot.”