„Dass vier große Nationen, erfüllt von ihrem Siege und schmerzlich gepeinigt von dem geschehenen Unrecht, nicht Rache üben, sondern ihre gefangenen Feinde freiwillig dem Richterspruch des Gesetzes übergeben, ist eines der bedeutsamsten Zugeständnisse, das die Macht jemals der Vernunft eingeräumt hat.“ Mit diesen Worten aus der Anklageschrift des Internationalen Militärtribunals eröffnet der amerikanische Chefankläger Robert H. Jackson am 20. November 1945 den Prozess gegen 22 ranghohe Funktionäre des NS-Staates. Die Richter der vier alliierten Siegermächten sprachen nach knapp einem Jahr, am 30. September und 1. Oktober 1946, zwölf Todesurteile, sieben Haftstrafen – davon mehrere lebenslange – und erließen drei Freisprüche.
#Todesstrafen für Göring, Ribbentrop, Keitel
Außenminister Joachim von Ribbentrop, der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht, Wilhelm Keitel, und der Franken-Gauleiter und Herausgeber des antisemitischen Hetzblattes „Der Stürmer“, Julius Streicher, gehörten zu denen, die die Todesstrafe erhielten. Hermann Göring, der zweite Mann im NS-Staat, kam seiner Hinrichtung durch Suizid zuvor.
Bis April 1949 trat im Schwurgerichtssaal 600 des Nürnberger Justizgebäudes dann ein US-amerikanischer Militärgerichtshof zusammen, um in zwölf Nachfolgeprozessen über weitere NS-Verbrechen zu urteilen.
Auf der Anklagebank saßen in diesen Folgeprozessen SS- und Lagerärzte, Juristen, Militärs, Diplomaten, SS-Angehörige, Bankiers und Regierungsbeamte. Auch Industrielle mussten sich für ihre Verstrickung mit dem NS-Regime vor Gericht verantworten, im I.G.-Farben-Prozess und im Krupp-Prozess. In den Anklagepunkten folgten die Nachfolgeprozesse weitgehend dem Hauptkriegsverbrecherprozess: Verschwörung gegen den Weltfrieden, Führung eines Angriffskrieges, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Den Richtern ging es vor allem darum, den Angeklagten eine aktive Beteiligung nachzuweisen, zu belegen, dass sie persönlich Verantwortung trugen oder trotz des Wissens um die Verbrechen untätig geblieben waren. In den Nachfolgeprozessen verhängte der US-amerikanische Militärgerichtshof 25 Todesurteile, von denen 13 vollstreckt wurden. Die übrigen Todesurteile wurden in Freiheitsstrafen umgewandelt.
Insgesamt 117 Menschen wurden zu Freiheitsstrafen verurteilt, darunter 20 zu lebenslangen. In den 50er Jahren begnadigte der US-Hochkommissar John McCloy einen Großteil der zu Haftstrafen Verurteilten. (3487/10.11.2025)