„Das ist ja wie eine Vermummung“

Eine muslimische Schülerin in Osnabrück wollte einen Gesichtsschleier im Unterricht tragen. Die Schule lehnte das ab – und bekam vor Gericht Recht. Was die Schüler dazu sagen.

Eine Muslima im traditionellen Mantel mit passendem Khimar (Kopftuch), Unterkopftuch und Niqab, einem Gesichtsschleier (Symbolbild)
Eine Muslima im traditionellen Mantel mit passendem Khimar (Kopftuch), Unterkopftuch und Niqab, einem Gesichtsschleier (Symbolbild)Ralf Maro / epd

Osnabrück. Darf eine muslimische Schülerin im Unterricht einen Gesichtsschleier tragen? Schüler des Osnabrücker Abendgymnasiums "Sophie Scholl" teilen die ablehnende Haltung ihrer Schulleitung. Diese hatte einer Muslimin, die mit einem sogenannten Niqab am Unterricht teilnehmen wollte, den Besuch verwehrt. Das Thema sei Schulgespräch, sagen Linda Rosenthal (20) und Stephan Schlegel (25) dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Muslimin hat vor dem Verwaltungsgericht Osnabrück geklagt, das am Montag ihren Antrag auf das Tragen des Niqab ablehnte.
Gleichzeitig wurde ein für den Nachmittag anberaumter Erörterungstermin abgesagt. Dabei wollte das Gericht die Beweggründe der Muslima hören, um zwischen der von ihr geltend gemachten Religionsfreiheit und dem staatlichen Bildungsauftrag zu entscheiden. Angesichts des großen Medieninteresses habe sich die Frau aber geweigert, vor dem Gericht zu erscheinen, teilte die Justizbehörde mit.

"Ein Kopftuch ist okay"

Auch im Unterricht hätten sie über den Fall diskutiert, sagt die Zwölfklässlerin Linda Rosenthal: "Ein Kopftuch ist hier voll okay. Aber so ein Schleier, der nur einen kleinen Schlitz für die Augen lässt, das ist ja wie eine Vermummung." Die Mehrheit der Schüler denke so, betonen Rosenthal und Schlegel. In den ersten Tagen nach den Sommerferien sei die Muslimin mit ihrem Niqab in der Schule gewesen: "Das ist unpersönlich. Man weiß ja gar nicht, mit wem man spricht," sagt Stephan Schlegel. Mit der Ausübung religiöser Praktiken müsse sich jeder auch den Gegebenheiten des Landes anpassen, indem er lebe, betont der Schüler der 13. Klasse.
Die Schule hatte die Frau zunächst aufgenommen. Zu Beginn des Schuljahres hatte sich jedoch herausgestellt, dass die Muslimin sich aus religiösen Gründen verpflichtet sieht, einen Niqab zu tragen. Daraufhin hatte die Schule die Erlaubnis widerrufen.
Die Landesschulbehörde unterstützt die Auffassung der Schule. Das Tragen eines Gesichtsschleiers im Schulunterricht beeinträchtige in unzulässiger Weise den Bildungsauftrag einer Schule, heißt es in einer Stellungnahme. Eine offene Kommunikation sei Voraussetzung für die Erfüllung des schulischen Bildungsauftrags. Dieser beruhe nicht nur auf dem gesprochenen Wort, sondern auch auf nonverbalen Elementen und der Körpersprache. "Um eine solche Form der Kommunikation zu ermöglichen, ist es erforderlich, dass die Gesichter der Schülerinnen und Schüler erkennbar sind."

Eindeutige Identifikation nicht möglich

Das sehen die Schüler genauso. "Wie soll das denn bei Rollenspielen funktionieren, wenn wir die Mimik gar nicht sehen können?", fragt sich Rosenthal. Auch könnte sich unter dem Schleier durchaus auch mal jemand anders verbergen. "Das kann man ja gar nicht erkennen."
Auch die Schulbehörde argumentierte, die Schule müsse die Anwesenheitspflicht der Schüler überprüfen. Beim Tragen eines Niqabs im Unterricht wäre die eindeutige Identifikation jedoch nicht möglich. "Vor diesem Hintergrund ist eine Vollverschleierung durch das Tragen eines Niqabs in der Schule nicht zulässig."
Die Schüler fürchten nun, dass ihre Schule in ein schlechtes Licht gerückt werden könnte. "Dann heißt es nachher noch, wir sind rassistisch." Dabei seien sie im Gegenteil sehr weltoffen: "Wir sind für Religionsfreiheit, keine Frage", betonen beide übereinstimmend. (epd)