Das große Geheimnis

Im Schlaf macht das Bewusstsein Besuch beim Unterbewussten – oder sogar beim Jenseits? Die Erzählungen der Menschheit sind voll von dieser Vorstellung. Auch die Bibel erzählt davon.

Kennen Sie die Geschichte von Eutychus? Das war ein junger Mann, der dem Apostel Paulus beim Predigen zuhörte. Dummerweise saß Eutychus dabei am offenen Fenster, und das war keine gute Idee. Denn das ganze Geschehen spielte sich im dritten Stock ab.

Als Paulus nun predigte und predigte, den ganzen Abend, fielen dem jungen Mann gegen Mitternacht die Augen zu. Er stürzte auf die Straße. Und war tot. Immerhin eilte Paulus gleich hinzu und konnte ihn wieder zum Leben erwecken (Apostelgeschichte, 20. Kapitel). So konnte sich der Name des jungen Mannes – übersetzt: der Glückliche – am Ende doch noch bewahrheiten.

Schlaf ist eine faszinierende Angelegenheit. Einerseits ist er jeder und jedem vertraut. Gerade jetzt, wo wir vom Winterschlaf gleich wieder in die Frühjahrsmüdigkeit taumeln. Dazu kommen Corona, Ausgehbeschränkungen, Homeoffice. Sie verändern die gewohnten Tagesabläufe, sorgen bei vielen zusätzlich für Schlappheit und Dauermüdigkeit.

Andererseits ist der Schlaf ein großes Mysterium, ein Geheimnis. Trotz intensiver Forschung zu Schlafphasen, organischen und seelischen Vorgängen bleibt Vieles unklar. Sicher ist: Wer nicht ausreichend schläft, schädigt Körper und Geist; und zwar massiv. Ähnlich wie körperliche Bewegung wird diese wissenschaftliche Erkenntnis sträflich unterschätzt.

Langes Hocken vor Computer und TV wirbelt die Gedanken auf. Künstliches Licht verändert die natürlichen Hell-Dunkel-Abfolgen. Beschwerden an Herz-Kreislauf sowie Magen- und Darmtrakt sind die Folgen. Das Risiko für Depression und Übergewicht steigt. Und auch die Gefahr von Unfällen – und dann ist kein Paulus zur Stelle, der uns wiedererweckt.

Aber trotz aller Forschung und Wissenschaft: Der Schlaf wahrt seine Geheimnisse. Was genau passiert da, wenn der Mensch die Augen schließt? Muskeln entspannen sich. Der Atem wird langsamer. Dann wieder scheint das Hirn hoch aktiv zu werden. Träume durchströmen den Kopf. Schön, ängstigend. Visionär. Niederschmetternd. Alles dabei. Kaum zu fassen. Kaum zu verstehen.

Von jeher hat der Mensch den Schlaf als einen Grenzbereich empfunden. Es ist, als ob sich eine Pforte öffnet in eine andere Welt. Das Bewusstsein macht Stippvisite beim Unterbewussten. Vielleicht sogar … beim Jenseits?

Die Erzählungen der Menschheit sind voll von dieser Vorstellung: Im Schlaf offenbart sich etwas Anderes, etwas Größeres; die Welt der Ahnen, der Geister oder Götter. Auch die Bibel erzählt immer wieder davon, dass Gott sich im Schlaf offenbart. Menschen erhalten Versprechen und Warnungen, Aufgaben und Zuspruch.

Ob man nun auf solche Begegnungen gespannt ist oder schlicht mit sich und seiner Gesundheit wieder mehr ins Reine kommen will: Es lohnt in jedem Fall, geregelt und ausreichend zu schlafen. Und sei es nur, um – anders als Eutychus – nicht vom Fensterbrett zu stürzen.