Das Grabmal ist kein Statussymbol mehr

Kostengünstige und pflegeleichte Alternativen zu den althergebrachten Gräbern sind immer stärker nachgefragt

Stelen aus Metall, Fotos Verstorbener in Porzellan oder Solarlichter: Die Gestaltung von Gräbern wird immer individueller. Gleichzeitig nehmen Sargbestattungen ab, Friedhöfe haben immer mehr Freiflächen, auch weil Kunden vermehrt auf günstige Alternativen ausweichen. Gleich mehrere Veränderungen in der Bestattungskultur beobachten Helmut Bartholomä vom Landesinnungsverband Rheinland-Pfalz des Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerkes und Wolfgang von Stramberg, der Vorsitzende der Genossenschaft der Friedhofsgärtner in Rheinland-Pfalz.
„Als ich anfing in den 1960er Jahren, war das Grabmal noch eine Art Statussymbol, heute ist das nicht mehr so“, sagt Landesinnungsmeister Bartholomä. Dass immer mehr Menschen feuerbestattet werden, hat mehrere Gründe. Neben der Vorstellung, lieber verbrannt zu werden als in der Erde zu ruhen, seien das auch finanzielle Aspekte, beklagt von Stramberg. Auch führten die Verarmung der Gesellschaft und die Gebührenpolitik der Städte zu Überhangflächen auf den Friedhöfen. Weil dort die Verkehrssicherheit gewährleistet werden müsse, falle weiterhin Pflege an, erläutert er. Die Folge: Die Gebührensätze pro Quadratmeter steigen weiter an.
Alternativen sehen Angehörige von Verstorbenen in kostengünstigeren Bestattungen, beispielsweise in einem Friedwald oder in einem Rasengrab. Allerdings sollte der finanzielle Aspekt nicht der allein maßgebliche sein, warnen Bartholomä und von Stramberg.
So habe sich eine Frau beim Tod ihres Mannes für ein Rasenfeld mit zentraler Sammelstelle für Kerzen und Blumen entschieden und dies später bereut, sagt Bartholomä. Da nicht jeder Angehörige regelmäßig vertrocknete Blumen austausche, werde alles nach einiger Zeit von Friedhofsmitarbeitern komplett abgeräumt. Die Frau sei damit nicht klargekommen. Eine nachträgliche Umbettung sei aber rechtlich nicht durchzusetzen gewesen.
Die Kommunen reagieren auf die wachsende Nachfrage nach pflegeleichten Gräbern, die trotzdem eine Möglichkeit bieten, persönlich um einen Menschen zu trauern. Eine Variante, die es seit 2010 auf immer mehr Friedhöfen gibt, sind Memoriamgärten. Dabei werden Teile des Friedhofs parkähnlich umgestaltet. Erworben wird eine komplett gestaltete Grabanlage mit der dazugehörigen Dauergrabpflege. „Die Nachfrage wird hier immer größer“, sagt von Stramberg. Wohl auch, weil die Kunden von vornherein das fertig gestaltete Umfeld des Grabes sähen.
Dass die Friedhöfe erhalten bleiben, findet Gärtnermeister von Stramberg nicht nur aus kulturell-geschichtlichen Gründen wichtig. Sie erfüllten eine mehrschichtige soziale Funktion, ist er überzeugt. Nicht selten fänden an diesem Ort Hinterbliebene neue Partner – auch weil sie das gleiche Schicksal teilen.
Wer das Grab selbst bepflanzt, sollte neben dem Grad der Beschattung vor allem die künftige Pflege berücksichtigen, rät von Stramberg. In einigen Kommunen dürften Sträucher ab einer bestimmten Größe nicht mehr vom Grab entfernt werden. Und auch auf die Bepflanzung von Nachbargräbern müsse Rücksicht genommen werden. Bei der Gestaltung sei fast alles möglich, was der Friedhofssatzung entspricht. Eins hat der Steinmetz Bartholomä allerdings festgestellt. Christliche Symbole auf den Grabsteinen sind auf dem Rückzug. epd