Das Grab, das keines ist, wird restauriert

In Grab des alten Pommernherzog liegt nur eine Holzfigur. Jetzt wird der aufklappbare Sarg für Barnim VI restauriert.

Der Herzog aus Holz in seinem aufklappbaren Sarg
Der Herzog aus Holz in seinem aufklappbaren SargRainer Neuman

Kenz. Seit sechs Jahrhunderten  liegt er da nun in seinem Grabmal hinter den Holzklappen: der hölzerne Herrscher aus Wolgast – und zu seinen Füßen ein ebenfalls hölzerner kleiner dicker Hund. „Es ist das einzige aufklappbare mittelalterliche Grabmal in Mecklenburg-Vorpommern“, sagt Pastor Kai Völker, der jedes Mal Erstaunen in den Gesichtern hervorruft, wenn er seinen Barnim VI. vorführt – den alten Herzog des Pommerngeschlechts. Diese bemerkenswerte Holztruhe ist ein Scheinsarkophag, genannt Kenotaph, die gar keinen echten Toten enthält. Eine Seltenheit. Darum steht sie ganz prominent vorn im Altarraum der Kenzer Kirche. Gleich neben der großen Kalksteinplatte, die ebenfalls an den Herzog und „Fürsten von Rügen“ erinnert und seine Lebensdaten zeigt: 1365-1405. Diese Platte, ein Kalkstein-Epitaph, bedeckt die eigentliche Grabkammer Barnims VI. Doch wie kommt so ein Wolgaster Herzog nach Kenz, in ein Dorf, fünf Kilometer südlich von Barth?
Es begann mit dem Wunderbrunnen. „Zwischen 1400 und 1510 war Kenz der größte Wallfahrtsort in Vorpommern“, erzählt der Pastor. Hier war eine Quelle entdeckt worden, der heilsame Wirkung zugesprochen wurde – und übrigens noch heute wird. Es war die Zeit der Pest. Viele Hilfesuchenden pilgerten damals zum Gnadenbild der Maria Pomerana Miraculosa, das sich in der Wallfahrtskirche befand.

Herrzog erkrankte an der Pest

Unter ihnen auch dieser Prominente: der Wolgaster Herzog Barnim VI.. Er war an der Pest erkrankt. Doch der Adlige erreichte Kenz nicht mehr: 1405 erlag er der Krankheit und wurde in der Kirche beigesetzt.
Bald nach seinem Tod, schon um 1410, fertigte ein unbekannter Künstler nun die zwei Meter große, farbig gefaßte Figur in dem Schrein. Sie zeigt ihn in vollem Ornat, in scharlachrotem Mantel, das Schwert in den Händen. Und seinen Hund, der treu bis in dcen Tod war. Dieses Scheingrab ist eine Ehrenbezeugung.
Nach 600 Jahren nun haben Herzog und Hund jedoch ein wenig Kosmetik nötig. Darum wird dieses älteste Bildnis eines pommerschen Herzogs derzeit restauriert. „Möglich geworden sind die Arbeiten erst durch die umfassende Förderung der G. und H. Murmann-Stiftung innerhalb der Deutschen Stiftung Denkmalschutz“, so der Pastor.
Doch wie ging es eigentlich mit der Wunderquelle weiter, die Barnim nicht mehr erreichen konnte? Nach der Reformation wurden Heiligenverehrung inklusive Wunderwasser rundheraus abgelehnt, die Quelle geriet in Vergessenheit, heißt es. Der Stralsunder Pastor Matthias Kienast verhalf dem Brunnen um 1690 jedoch zu einer zweiten Glanzzeit. Er ließ das Wasser wissenschaftlich untersuchen und siehe: Es erhielt die Eignung für Heilzwecke. Nicht mehr das göttliche Wunder, sondern die Zusammensetzung des Wassers und seine kluge Anwendung sollten jetzt Heilung bewirken. Ein aufstrebender Kurbetrieb mit Badeordnung und Badehäusern entwickelte sich über 100 Jahre. Doch mit den napoleonischen Kriegen nach 1807 und später mit der Entwicklung der großen Kurbäder direkt am Darßer Ostseestrand geriet die Quelle außer Mode.
Heute ist der Brunnen wieder aktiv. Ein Förderverein rekonstruierte auch das hübsche Brunnenhäuschen. Und wer Barnim VI. sehen will, ist immer auch eingeladen zu einem frischen Glas selbstgepumpten Wassers.