Das erste Paar braucht keine neuen Ringe
Sie waren 2001 das erste Paar, das eine eingetragene Lebenspartnerschaft einging. Jetzt gehen Reinhard Lüschow und Hans-Friedrich Harre aus Hannover wieder voran. Am 1.Oktober sind sie unter den ersten Homosexuellen, die nach dem neuen Gesetz zur „Ehe für alle“ heiraten. Ein Besuch bei einem glücklichen Paar.
Hannover. Für Reinhard Lüschow und Heinz-Friedrich Harre aus Hannover wird es bald zum zweiten Mal eine gemeinsame Hochzeitstorte geben. Eine Freundin will sie den beiden Bräutigamen mit zum Standesamt bringen und so ein vor Jahren gegebenes Versprechen einlösen. "Wir gehen als eingetragene Lebenspartnerschaft rein und kommen als Ehepaar wieder raus", erzählt Lüschow (56). Er und sein 64-jähriger Partner werden am 1. Oktober um 15 Uhr zu den ersten homosexuellen Paaren in Deutschland gehören, die sich nach dem neuen Gesetz zur "Ehe für alle" das Jawort geben.
Bereits vor 16 Jahren, am 1. August 2001 um 8.20 Uhr, waren Lüschow und Harre das erste gleichgeschlechtliche Paar in Deutschland, das auf dem hannoverschen Standesamt eine eingetragene Partnerschaft begründete. Doch von Anfang an strebten sie eine Ehe im vollen Sinne an: "Wir wollten gleichgestellt sein." Bei Steuerbescheiden oder Bausparverträgen gibt es zwar inzwischen keine Unterschiede mehr. "Rechtlich sind wir gegenwärtig zu 98 Prozent gleichgestellt", sagt Lüschow. "Aber das ist jetzt das kleine Bisschen, das uns noch fehlt."
Standesamt öffnet am Sonntag
Für die ersten Eheschließungen nach dem neuen Gesetz öffnet das Standesamt Hannover sogar an einem Sonntag: "Wegen der Besonderheit des Termins haben wir den ersten Geltungstag möglich gemacht", sagt Stadtsprecher Udo Möller. Auch ein lesbisches Paar will dann heiraten. Für den darauffolgenden Montag hat das Standesamt 28 Trautermine für gleichgeschlechtliche Paare reserviert, von denen bereits 18 vergeben sind.
Für das Recht auf die Ehe haben Lüschow und Harre mehr als 25 Jahre lang gekämpft. Schon 1992 bestellten sie demonstrativ beim Standesamt das Aufgebot. Als ihnen die Ablehnung ins Haus flatterte, klagten sie bis zum Bundesverfassungsgericht, damals unter dem Vorsitz des späteren Bundespräsidenten Roman Herzog. Das Gericht stellte damals fest, dass die Ehe eine Sache zwischen Mann und Frau sei. Doch es verpflichtete den Gesetzgeber auch, dafür zu sorgen, dass gleichgeschlechtliche Partnerschaften nicht diskriminiert werden.
"Geschafft!"
Vom Beschluss des Bundestages zur "Ehe für alle" am 30. Juni erfuhren die beiden in ihrem Dänemark-Urlaub. "Als ich dann später bei uns in der Küche saß und das ausgedruckte Gesetz aus dem Bundesgesetzblatt in der Hand hielt, habe ich erst mal geheult", sagt Lüschow, der als Beamter des Landes Niedersachsen arbeitet. "Da fiel eine Last ab – geschafft!"
Bei der Hochzeit wollen Freunde vor dem Standesamt die Sektkorken knallen lassen, damit alle auf das Ereignis anstoßen können. "Viele Leute wollen dorthin kommen, gratulieren und winken." Eine Schwester und eine Schwägerin werden sie wie beim letzten Mal als Trauzeuginnen begleiten.
Reinhard Lüschow war früher bereits einmal mit einer Frau verheiratet, doch die Ehe ging in die Brüche. Teile seiner Familie taten sich anfangs schwer damit, einen Mann als neuen Lebenspartner zu akzeptieren. Doch dieses Thema ist längst vom Tisch. "Die freuen sich alle unheimlich, dass wir die Ehe eingehen können, dass dieser Schritt vollzogen wird."
Feier mit der Familie
Gefeiert wird aber nur im engsten Familienkreis mit Eltern und Geschwistern, denn Heinz-Friedrich Harre ist schwer krank und braucht nach ein paar Stunden wieder Ruhe. Ein Lieferservice wird Häppchen und Petit Four in ihre Dreizimmer-Wohnung in Hannovers Süden bringen, das soll genügen.
Fast 30 Jahre sind die beiden nun schon zusammen. Neue Ringe sind deshalb nicht mehr nötig, erzählt Lüschow. "Unsere Ringe begleiten uns von Anfang an. Das waren unsere Freundschaftsringe, unsere Verlobungsringe und unsere Lebenspartnerschaftsringe. Und jetzt werden es unsere Eheringe." (epd)