Das Bistum Regensburg fördert künftige Führungskräfte in Myanmar
Seit über 20 Jahren studieren junge Katholiken aus Myanmar mit Stipendien des Bistums Regensburg an der katholischen Universität in Bangkok. Einer von ihnen spricht über seine Ziele und Hoffnungen.
Eine kleine Gasse auf dem Campus der Assumption-Universität in Bangkok: Wohnheime, einige Lädchen, Imbissstände und ein kleinen Cafe säumen die Straße. Aus der Kanalisation riecht es etwas faulig. “Ach, nach einer Weile fällt einem das gar nicht mehr auf”, sagt Thura Myint lässig. Zu seiner Sicherheit wurde der Name geändert.
Der Student des “Master of Science in Business and Economics” hat Schlimmeres erlebt. Der 30-Jährige stammt aus Chin, dem einzigen Gliedstaat von Myanmar mit einer christlichen Mehrheit. Chin ist einer der Brennpunkte des Bürgerkriegs. Sein Vater kam im Juli 2023 durch eine Landmine ums Leben, ein Schwager wurde vom Militär erschossen. Die Junta lässt Städte, Dörfer und Kirchen bombardieren. Viele Chin – auch seine Familie – leben unter schwierigsten humanitären Bedingungen in Flüchtlingslagern.
Mit Grauen erinnert sich Thura Myint an den Tag, als er mit Freunden zum Fußballspielen wollte. “Auf dem Weg zum Fußballplatz wurden wir von einer Militärpatrouille angehalten, mit Gewehren bedroht und lange verhört. Ich hatte Angst um mein Leben und habe gebetet.” In Bangkok ist der junge Katholik seit diesem Frühjahr dank eines Stipendiums der Diözese Regensburg in Sicherheit.
Seit 2001 bietet das bayerische Bistum über seine Fachstelle Weltkirche zusammen mit den Bistümern in Myanmar, der katholischen Universität der Montfort-Brothers in Bangkok und dem Katholischen Akademischen Ausländer-Dienst (KAAD) katholischen Laien aus Myanmar eine qualifizierte Ausbildung. Die Uni erlässt die hohen Studiengebühren, Regenburg bezahlt Unterkunft, Verpflegung und Begleitung der Studierenden, der KAAD koordiniert und überwacht das Programm.
Als Gegenleistung verpflichten sich die Stipendiaten – bisher 70, davon 40 Frauen – nach dem Studium für zwei Jahre das erworbene Fachwissen ihrer Diözese zur Verfügung zu stellen. “Oft setzen sie diese Tätigkeit in der Kirche auch danach fort”, weiß Anselm Feldmann von der KAAD. “So manche der Ehemaligen sind heute in den Flüchtlingslagern in Myanmar aktiv.”
Für Thura Myint ist das Stipendium für das zwei Jahre dauernde Studium womöglich lebensrettend. Seit diesem Frühjahr lässt die Junta angesichts ihrer militärischen Niederlagen gegen den Widerstand alle Männer und Frauen zwischen 18 und 35 Jahren zwangsrekrutieren. Entziehen kann man sich nur durch Flucht ins Ausland oder in die vom Widerstand kontrollierten Gebiete, durch Bestechung oder legal mit einem Studienplatz im Ausland.
Der zielstrebige Thura Myint machte nach dem Studium der Agrarwissenschaft in Yangon eine elfmonatige Fortbildung bei einem landwirtschaftlichen Projekt in der Negev Wüste in Israel. “Das Geld für den Flug habe ich mir von der Familie geliehen.” In Ramat Negev nahe der ägyptischen Grenze wollte er Techniken kennenlernen, die für die Landwirtschaft in einer klimatisch vergleichbar trockenen Zone in Zentralbirma von Nutzen sein können. Zurück in Chin arbeitete Thura Myint für die Caritas des Bistums Haka. Auf das Regensburger Stipendienprogramm hat ihn Bischof Lucius Hre Kung hingewiesen.
In Myanmar liegt seit dem Putsch das staatliche Bildungssystem am Boden. Viele Lehrer, Dozenten, Studenten und Schüler haben sich der “Bewegung des zivilen Ungehorsams” angeschlossen. “Die ethnischen Organisationen und die (Untergrundregierung) NUG haben in den von ihnen kontrollierten Gebieten Schulen bis zur Mittelstufe aufgebaut. Aber es gibt keine Universitäten. Wir verlieren unser Bildungssystem. Das ist ein Albtraum”, sagt Thura Myint.
Viele seiner Altersgenossen kämpfen in den bewaffneten Widerstandsmilizen gegen das Militärregime. Für Thura Myint war das keine Option. “Ich bin kein Kämpfer. Ich liebe es zu lernen und mein Wissen weiterzugeben.”
Gut ausgebildete junge Leute sind wichtig für die Zukunft des Landes nach dem Ende der Junta. Von der internationalen Gemeinschaft fühlen sich die Menschen in Myanmar im Stich gelassen. Entschieden sagt Thura Myint: “Wir haben nur uns.”