Dagmar Manzel über ihren Abschied beim “Tatort” Franken

“Wenn’s am schönsten ist, soll man aufhören”, sagt Dagmar Manzel. Am Sonntag ist sie letztmals als Kommissarin Paula Ringelhahn im “Tatort” aus Franken zu sehen. Über ihren Abschied und die Wünsche für ihre Kollegen.

Als Kommissarin Paula Ringelhahn nahm Dagmar Manzel 2015 an der Seite von Felix Voss (Fabian Hinrichs) die Ermittlungsarbeit im ersten “Tatort” aus Franken auf. Mit der zehnten Folge unter dem Titel “Trotzdem” scheidet sie auf eigenen Wunsch aus. Im wahren Leben wartet für die 66-Jährige allerdings noch nicht der Ruhestand, sondern viel Arbeit. Mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) sprach die Schauspielerin über ihre letzten “Tatort”-Dreharbeiten, über ruhige Momente und darüber, was sie an Franken schätzt.

KNA: Frau Manzel, in Ihrem letzten Fall wird Kommissarin Paula Ringelhahn noch mal alles abverlangt. Wie war das, gegen die Zeit anrennen zu müssen, um einen tödlichen Rachefeldzug zu verhindern?

Manzel: Ich hatte unserem Drehbuchautor und Regisseur Max Färberböck gesagt, wie ich mir Paulas Abschied wünschen würde. Seine Herausforderung bestand dann darin, einen Krimiplot zu schreiben und das Ende meiner Figur zu vereinen. Denn Paula hat den Entschluss gefasst, ihr Gehen nicht vorher publik zu machen. Bis zuletzt ordnet sie sich unter, um den Fall zu lösen.

KNA: Was macht die Geschichte so spannend?

Manzel: Die ganze Konstellation dieser zwei Familien. Am Ende haben sich Menschen gegenseitig umgebracht, die alle in eine solch emotionale Situation geraten sind, dass jeder auf seine Art die Nerven verloren hat. Dabei wollten eigentlich alle nur Gerechtigkeit. Bis zum Finale wird das auf die Spitze getrieben. Um all dies möglichst differenziert erzählen zu können, braucht es für die Rollen Schauspieler, auf die sich der Regisseur verlassen kann. Und da hat Max Färberböck mit Ursina Lardi, Fritz Karl, Mercedes Müller, Anne Haug und Florian Karlheim gemeinsam mit unserem Polizei-Team einfach eine Top-Besetzung zusammengebracht.

KNA: Zehn Mal haben Sie mit Fabian Hinrichs als Felix Voss ermittelt. Woran erinnern Sie sich gern zurück?

Manzel: An unsere erste Begegnung. Zu Beginn waren wir eine Truppe von fünf Leuten: Matthias Egersdörfer, Andreas Leopold Schadt, Eli Wasserscheid, dazu Fabian und ich. Wir hatten eine wunderschöne Zeit. Mit Fabian konnte man sich gut austauschen. Er ist immer sehr anregend und versucht, noch neue Aspekte in seine Rolle zu bringen. Wir hatten stets die Chance, rechtzeitig auf das Buch einzuwirken, bei den Szenen oder auch bei der Figur noch etwas zu verändern. Das war etwas, was es nicht überall gibt.

KNA: Selbst wenn die Kommissare unter Druck standen, waren da immer die gemeinsamen Autofahrten. Im geschützten Raum blieb Zeit zum Philosophieren. Wer hatte die Idee dazu?

Manzel: Die Idee stammt von Max, der sie stärker ausbaute. Auch die vom Bayerischen Rundfunk für den “Tatort” Franken verantwortliche Redakteurin Stephanie Heckner, die leider viel zu früh gestorben ist, hat wesentlichen Anteil daran. Fabian und ich haben das als großen Schatz gesehen, diesen abgeschlossenen Raum zu haben, in dem sich die beiden Kommissare, unabhängig davon, was außen stattfindet, übers Leben und ihren Beruf unterhalten. Dieses Einander-Zuhören, Antworten-Geben, aber auch das gemeinsame Schweigen ist in Filmen selten geworden. Das war eine Kostbarkeit, die wir in jedem “Tatort” hatten.

KNA: Dieses Mal sagt Felix, sie unterhielten sich auf der Fahrt von einer Ampel zur nächsten, aber weltweit brächten Menschen in dieser Zeit einander um. “Wofür soll das gut sein?”, fragt er. Ihre Antwort: “Der liebe Gott hat den ganzen Dreck erfunden, damit wir das, was schön ist, mehr schätzen.” Spricht Ihnen der Satz aus dem Herzen?

Manzel: Man möchte nicht, dass Grausamkeit und Unmenschlichkeit normal sind. Oft aber sind die Menschen tatsächlich nicht dankbar oder demütig für die schönen Dinge im Leben. Das hat natürlich auch mit Glauben zu tun. Der eine glaubt an Gott, der andere an sich. Ich glaube, dass der Glaube eine große Hilfe sein und Kraft spenden kann. Deshalb wäre ein bisschen mehr Demut und Dankbarkeit im Alltag schon sehr wünschenswert.

KNA: Die Ereignisse in diesem “Tatort” überschlagen sich, trotzdem sind da ruhige Verhörmomente. Auf Ihrer Abschiedsfeier singen Sie schließlich ein ganz bestimmtes Lied. War das Ihr Wunsch?

Manzel: Max hat mich schon öfter in der Komischen Oper in Berlin gesehen und weiß, dass ich singe. Das Lied hat er vorgeschlagen und ich finde, es passt fantastisch für die Situation. Dass er diese Szene so lange stehen lässt, hätte ich nie gedacht. So kommt ein wirkungsvolles Innehalten zustande. Ein Ruhepol zu all den schnellen Schnitten. Das finde ich toll.

KNA: “Mach’s gut, mein Großer”, sagen Sie zu Felix. Was wünschen Sie dem Franken-“Tatort”?

Manzel: Es wird sicher spannend, aber anders weitergehen. Ich freue mich für Fabian, dass er was Neues mit Max und dem BR entwickeln kann, auch dass Eli Wasserscheid weitermacht. Sie ist eine wunderbare Kollegin.

KNA: Was haben Sie als Berlinerin über Franken gelernt?

Manzel: Die Franken sind ja sehr zurückhaltend. Die gucken immer erst, bevor sie reagieren. Aber wenn sie merken, dass das Gegenüber auch sehr nett und freundlich ist, dann öffnen sie ihr Herz. Das ist wirklich bemerkenswert, und ich habe dies immer wieder erlebt. Da wurde ich bei Dreharbeiten so liebevoll empfangen oder begleitet. Das war einfach rührend.

KNA: Gibt es Orte, an die Sie zurückkehren wollen?

Manzel: Die Fränkische Schweiz. Dort habe ich sogar zuletzt ein paar Tage Urlaub gemacht. Dorthin werde ich auch immer wieder fahren. Von Berlin sind es nur drei Stunden mit dem Zug in diese wunderbare Landschaft.

KNA: Sie haben ankündigt, noch viel vorzuhaben. Was kommt als Nächstes?

Manzel: Viel Arbeit. Ich spiele im Herbst die Nellie Lovett im Musical “Sweeney Todd” in der Regie von Barrie Kosky an der Komischen Oper Berlin. Danach inszeniere ich dort Engelbert Humperdincks “Hänsel und Gretel”. Darauf freue ich mich.