Warum uns das Bekenntnis zur Kirche schwer fällt

Wir bekennen uns zu so vielem: Hobby, Musik, Fußballverein. Auch dann, wenn es im Sport nicht rund läuft, bleiben viele treu. Doch warum fällt das Bekenntnis zur Kirche so schwer?

Auf dem Kirchentag würden Menschen dieses T-Shirt vielleicht tragen - im Alltag vermutlich eher selten.
Auf dem Kirchentag würden Menschen dieses T-Shirt vielleicht tragen - im Alltag vermutlich eher selten.TSEW

Fronleichnam? Ein exotischer Feiertag für einen evangelischen Christen. In meiner Kindheit zogen an diesem Tag die Katholiken durch die Straßen. Es war eine Demonstration des ungebremsten Selbstbewusstseins. Das halbe Dorf (katholisch) ging hinter dem Priester her. Die andere Hälfte (evangelisch) stand am Straßenrand und schaute zu. Wir Kinder hatten unseren Spaß; katholisch oder evangelisch, das war uns egal. Blumenteppiche, geschmückte Küchentische als Behelfs-Altäre, Priester und Messdiener in Gewändern wie aus einem Historien-Spektakel – das schien seltsam aus der Zeit gefallen. Aber deshalb faszinierte die Prozession auch. Fronleichnam: Da war damals richtig was los.

Und heute? Geht kaum einer für die Kirche auf die Straße. Nicht nur zu Fronleichnam. Missbrauch-Skandale, ausbleibende Reformen und andere Enttäuschungen mögen das für die katholische Kirche erklären. Aber auch evangelische Christinnen und Christen haben Probleme, sich öffentlich zur Kirche zu bekennen. Kirche – das hält man lieber schön privat.

Bekenntnisse zu vielem – außer zur Kirche

Dabei bekennen wir uns zu so vielem. „Angler am Steuer“, verkündet der Aufkleber am Auto. „Ich liebe meine Gitarre“, glänzt es vom T-Shirt. Tattoos auf dem Körper zeigen die favorisierte Sportart an. Dem Fußballverein huldigt eine Fahne im Garten. Und im Büro steht die Kaffeetasse, auf der Umriss und Name der geliebten Nordseeinsel aufgedruckt sind.

Aber Kirche? „Manchmal habe ich den Eindruck, dass ich mich im Bekanntenkreis fast entschuldigen muss, dass ich noch nicht ausgetreten bin“, klagt eine Freundin. Skandaltruppe, irrational, weltfremd: Bemerkungen, die sie sich dann anhören müsse. „Da schwärmt man dann nicht mehr so leicht von seiner Kirchengemeinde.“

Herzgold

Dabei zeigt das Beispiel der Fußballvereine, dass nicht alles glänzen muss – und es trotzdem Gold sein kann. Herzgold nämlich.

Gladbach. Nürnberg. Arminia. Ickern. Viele Fußballclubs reißen seit Jahren keine Bäume mehr aus. Trotzdem lieben Zehntausende „ihren“ Verein. Die glorreichen Zeiten sind vorbei. Treue Fans hoffen trotzdem auf bessere Tage. Und falls es nicht besser wird: Dann paart sich eben Begeisterung mit Trotz. Das ist wahre Liebe. Herzgold.

Auch die Kirche ist für viele Herzgold. Noch immer. Mag es auch nicht so gut laufen in manchen Dingen – „ich wüsste gar nicht, wo ich heute ohne meinen Glauben und ohne Kirche wäre“: Wer so etwas in sich spürt, wer diese Dankbarkeit kennt, der sollte das gern auch mal sagen. Ob mit oder ohne Fronleichnam: Wo das Herz schlägt, das darf man schon zeigen.

Gelegenheit dazu bietet der Deutsche Evangelische Kirchentag in Nürnberg.