Contra – Nilam Farooq und Christoph Maria Herbst in TV-Premiere

Ein Juraprofessor wird verdonnert, eine aus prekären Verhältnissen stammende Studentin rhetorisch zu schulen, weil er sie rassistisch beleidigt hat. Außer den Hauptdarstellern überzeugt nicht viel an dieser TV-Premiere.

In Zusammenarbeit mit filmdienst.de und der Katholischen Filmkommission gibt die KNA Tipps zu besonderen TV-Filmen:

Juraprofessor Richard Pohl (Christoph Maria Herbst) ist über jeden Zweifel erhaben. Fachlich, aber auch rhetorisch. Der verbitterte Mittfünfziger kann es jedoch nicht lassen, mit sexistischen und rassistischen Sprüchen zu provozieren. Als Pohl die Studentin Naima (Nilam Farooq) in der Vorlesung vor versammelter Studentenschaft demütigt, droht ihm die Uni mit disziplinarischen Maßnahmen. Um seinen Kopf zu retten, übernimmt er eine Art Mentoren-Tätigkeit. Pohl soll Naima auf einen bundesweiten Debattierwettbewerb der Hochschulen vorbereiten!

Obwohl der Studentin der überhebliche Zyniker alles andere als sympathisch ist, lässt sich die junge Frau auf das unerwartete Angebot ein. Für Naima, die wegen ihres arabischen Nachnamens Hamid nicht einmal einen Praktikumsplatz bekommt, ist der Hochschulwettbewerb die Chance, ihren Lebenstraum als Juristin zu erfüllen.

Mit jeder weiteren Runde beginnt das ungleiche Paar, füreinander Respekt und Empathie zu entwickeln. Doch als Naima erfährt, warum Pohl ihr wirklich hilft, muss sie Pro und Contra neu abwägen.

Die Neuverfilmung der französischen Tragikomödie “Die brillante Mademoiselle Neïla” durch Sönke Wortmann von 2021 setzt auf die Dramaturgie eines sich zusammenraufenden Teams. Trotz guter Darsteller fehlt es im Unterschied zum französischen Original manchmal an Reibungen und Widerhaken. Statt dialogischer Finessen oder politischer Untertöne bewegt sich der Film lieber innerhalb eines unterhaltsam-versöhnlichen Wohlfühlmilieus.

Es ist ein weiter Weg, den die Studentin Naima zurücklegen muss, über viele Treppen und Brücken, durch endlose Gänge und unzählige Türen. Das ist sinnbildlich zu verstehen: für den mühsamen Bildungsweg eines Menschen, der einem migrantischen Kontext entstammt. Nach dem nicht enden wollenden Weg, mit dem “Contra” beginnt, kommt sie am rechtswissenschaftlichen Institut der Uni in Frankfurt an. Das Intro ist keine allzu subtile, aber eindrücklich gefilmte und montierte Sequenz urbaner Bilder, unterlegt mit Rap-Musik; ein starker Einstieg.

Später legt der Film ein solches Stilbewusstsein bei der Suche nach sprechenden Bildern eher nicht mehr an den Tag. Die Tragikomödie “Contra”, eine Adaption des französischen Films “Die brillante Mademoiselle Neila”, erzählt die Geschichte der Tochter einer alleinerziehenden Mutter, die aus Marokko stammt und für ihr Auskommen hart arbeiten muss. Schon am ersten Tag kommt Naima zu spät zur Vorlesung, weil sie sich um ihren jüngeren Bruder kümmern musste. Vor den vollbesetzten Rängen des Hörsaals wird sie vom Professor rassistisch beleidigt und provoziert. Ein Zwischenfall, der über die Smartphones der Kommilitonen den Weg schnell ins Netz findet.

Der schon früher negativ aufgefallene Professor Pohl wird daher vor den Disziplinarausschuss der Uni geladen. Um Pohls Ruf und Karriere zu retten, schlägt ihm der Uni-Präsident vor, Naima für einen Debattierwettbewerb zu trainieren. Mit diesem vermeintlich selbstlosen Einsatz soll er sich “reinwaschen”, so das zynische Kalkül. Widerwillig lässt sich Pohl auf den Deal ein und schafft es schließlich, die nicht minder widerwillige Naima von den Nachhilfestunden zu überzeugen.

Fortan treffen sich Pohl und Naima zum Rhetorikunterricht. Es entspricht den Genre-Vorgaben, dass die anfänglichen Sticheleien zwischen dem Mann, der seine Vorurteile gegen die vermeintliche Tyrannei der Political Correctness hochhalten zu müssen glaubt, und der intelligenten Studentin irgendwann gegenseitiger Akzeptanz und wachsendem Respekt Platz machen. Zumal sich die ersten Erfolge bei Debattierwettbewerben einstellen. Doch als Naima erfährt, aus welchem Grund Pohl sie unterrichtet, fühlt sie sich verraten und gibt auf.

Die Dramaturgie eines Teams, das sich für den gemeinsamen Sieg zunächst zusammenraufen muss, ist etwa aus Sportfilmen hinlänglich bekannt. Blöd nur, dass der Film abgesehen von seiner Story kaum Überraschendes zu bieten hat. Eher uninspiriert wird die Geschichte erzählt, mit Dialogen, die nach mehr Schärfe und Experimentierfreude verlangt hätten. Immerhin ist Pohls und Naimas Thema ja die Sprache und deren spielerischer, argumentativer, manipulativer Einsatz.

Man merkt es der Tragikomödie stark an, dass mit Vereinfachungen und Stereotypen auf ein größtmögliches Publikum geschielt wird und primär eine unterhaltsam-versöhnliche Feel-Good-Story erzählt werden soll. Dagegen ist nichts einzuwenden, doch wenn eine solche Strategie nicht mit Raffinesse, Zwischentönen oder auch mal dem Mut zur Lücke einhergeht, kommt vor allem gepflegte Langeweile dabei heraus.

Die beiden Hauptfiguren sind in der Darstellung von Nilam Farooq und Christoph Maria Herbst zwar durchaus überzeugend gezeichnet und gespielt; doch so richtig zünden will die Chemie zwischen den beiden nicht. Was unter anderem daran liegt, dass die Ecken und Kanten des französischen Originals in “Contra” deutlich abgeschliffen wurden.

Der Film besitzt durchaus starke Momente, etwa in der Darstellung von Naimas Milieu, ihrem Leben und ihren Freunden, mit denen sie auf dem Spielplatz “Werwolf” spielt; generell überzeugt die frische weibliche Hauptfigur. Auch manches rhetorische Scharmützel ist gelungen. Doch insgesamt bleibt vor allem der Eindruck haften, dass Regisseur Sönke Wortmann hier wie schon in “Der Vorname” einen französischen Erfolgsfilm deutlich flacher für den deutschen Markt aufbereitet. Das mag sich zwar ökonomisch rechnen, ist inhaltlich und künstlerisch aber kein Zugewinn.