Containern: Kieler Studentin rettet Lebensmittel aus dem Müll

Nudeln, Fleisch und Kaffee: In Abfall-Containern von Supermärkten finden sich viele essbare Lebensmitteln. Doch das Containern ist strafbar. Lilli Crystall aus Kiel macht es trotzdem.

In Deutschland landen jährlich rund elf Millionen Tonnen Lebensmitteln im Müll
In Deutschland landen jährlich rund elf Millionen Tonnen Lebensmitteln im MüllImago / Viennaslide

Essen aus der Tonne – für Lilli Crystall gehört das zum Alltag. Die Kieler Studentin schaut auf dem Nachhauseweg von der Uni in die Mülltonnen vor den Supermärkten und sammelt sich ihr Abendessen zusammen. „Es ist unglaublich, was alles weggeworfen wird, obwohl man es eigentlich noch essen kann“, sagt die 24-Jährige, die Biologische Ozeanographie studiert. Sie rettet Lebensmittel, macht sich mit ihrem Verhalten aber strafbar.

Containern heißt das Mitnehmen weggeworfener Lebensmittel – und es gilt als Diebstahl. Bund und Länder diskutieren allerdings seit Längerem über die Legalisierung des Containerns. Die Studentin würde das befürworten: „Wenn solche Massen an guten Lebensmitteln schon auf dem Müll landen, dann soll man sie wenigstens noch verwerten dürfen.“

Nach Ladenschluss auf Streifzug

Crystall kam zu Beginn ihres Studiums in Göttingen zum Containern. Mit zwei Freunden ging sie zunächst abends nach Ladenschluss auf Streifzug. Die Routine stellte sich schnell ein. Die jungen Menschen wussten, wann die Tonnen bei welchen Supermärkten rausgestellt, gereinigt und gefüllt wurden. „Man macht die Tonne auf, guckt, ob obendrauf etwas Brauchbares liegt und ist nach zwei Minuten wieder weg.“ Sei es in einer Tonne eklig oder matschig, nehme man die nächste. Die Auswahl sei groß.

Nudeln, Kartoffeln, Fleisch, Pizzen, Schokolade, Kaffee, gekochte Eier: Lilli Crystall hat schon fast alles im Müll gefunden und gegessen. „Wenn man mit gesundem Menschenverstand sammelt, muss man keine Angst haben, dass man sich den Magen verdirbt“, sagt sie. In Spitzenzeiten habe sie monatlich für unter 20 Euro im Monat Lebensmittel eingekauft. „Und trotzdem konnte ich schlemmen.“

Lilli Crystall aus Kiel
Lilli Crystall aus KielPrivat

Die Polizei habe sie und ihre Freunde öfter beim Containern gesehen, sei dann aber weiter gefahren, ohne sie anzusprechen. Lediglich in einem Fall hatte Lilli Crystall engeren Polizeikontakt: „Wir waren eine Gruppe von fünf Leuten und haben nachts vor einem Supermarkt zehn volle Tonnen gefunden. Plötzlich kamen vier Streifenwagen.“ Der Fall ging glimpflich aus, die Studierenden mussten sich lediglich bei der Geschäftsführung des Supermarktes entschuldigen.

„Wir haben noch gefragt, ob sich der Müll im Laden nicht reduzieren lasse. Aber das wollte die Geschäftsführung nicht hören“, sagt Crystall. Es habe geheißen, dass der Supermarkt schon mit der Tafel zusammenarbeite, mehr könne man nicht tun.

Inzwischen lebt sie vegan

Seit ihrem Umzug 2021 nach Kiel hat Crystall das Containern reduziert. „In Göttingen war die Szene besser vernetzt, sodass ich überschüssige Lebensmittel schnell weiterverteilen konnte. In Kiel ist das nicht so einfach.“

Außerdem habe sie festgestellt, dass zu viel Containern ihrer Gesundheit schade. Oft finde sie ungesunde Sachen wie Fertigprodukte und Süßigkeiten, aber wenig frisches Gemüse.

Die Menge an Essen überfordere sie zudem oft. „Wenn ich drei TK-Pizzen oder ein halbes Kilo Fleisch finde und es nicht einfrieren kann, muss ich es innerhalb kurzer Zeit essen.“ Inzwischen kaufe sie vegan ein und containere in Maßen.