Chronologie des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965)

Das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) war die wohl größte Bischofsversammlung der Kirchengeschichte. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) nennt die wichtigsten Stationen:

28. Oktober 1958: Wahl des Patriarchen von Venedig, Angelo Giuseppe Roncalli, zum Papst. Er gibt sich den Namen Johannes XXIII.

25. Januar 1959: Der neue Papst kündigt vor 17 Kardinälen im Kapitelsaal der Basilika Sankt Paul vor den Mauern überraschend ein Konzil für die Weltkirche an. Ziele seien eine „Erneuerung“, „größere Klarheit im Denken“ und eine „Stärkung des Bandes der Einheit“.

17. Mai 1959: Die erste Vorbereitungskommission unter Vorsitz von Kardinalstaatssekretär Domenico Tardini tritt zusammen. Sie fordert weltweit 3.500 Bischöfe, Ordensobere und theologische Fakultäten auf, thematische Vorschläge einzureichen.

20. November 1961: Der Kölner Kardinal Josef Frings hält im Teatro Duse in Genua einen Vortrag über den zeitgenössischen Kontext des Konzils – aus der Feder des blutjungen Bonner Professors Joseph Ratzinger. Johannes XXIII. ist begeistert.

11. Oktober 1962: Mit viel Pomp und Zeremoniell wird das Konzil eröffnet. Die Welt staunt – und versteht noch nicht viel. Am Abend hält Johannes XXIII. am Fenster eine improvisierte „Mondschein-Rede“ in volkstümlicherer „Übersetzung“ und fordert die Menschen auf: „Gebt euren Kindern einen Gutenachtkuss vom Papst.“ Zu Beginn der Beratungen lehnen mehrere Kardinäle die vom Vatikan vorbereiteten Besetzungslisten ab und setzen ein eigenes Vorschlagsrecht durch.

14. bis 28. Oktober 1962: Kuba-Krise zwischen den USA und der Sowjetunion – die Welt steht am Rande eines neuen Weltkriegs. Johannes XXIII. interveniert.

8. Dezember 1962: Abschluss der Ersten Sitzungsperiode. Wie wird es weitergehen? Die Konzilsväter kehren in ihre Diözesen zurück.

3. Juni 1963: Johannes XXIII. stirbt. Die Verunsicherung nimmt zu: Ist das das Ende des Konzils? Der Nachfolge-Favorit Giovanni Battista Montini aus Mailand übernimmt als Papst Paul VI. (1963-1978).

September bis Dezember 1963: Fortsetzung/Zweite Sitzungsperiode. Anfang Oktober bildet sich der „Coetus internationalis patrum“, ein Zusammenschluss konservativer Konzilsväter. Flügelkämpfe werden offenkundig und führen zu einer ersten „Krise des Konzils“. Am 8. November greift Kardinal Frings frontal das „Heilige Offizium“ an (heute „Dikasterium für die Glaubenslehre“).

Dezember 1963: Das Konzilsdokument „Inter mirifica“ (1963) ermuntert Katholiken, sich Medienkompetenz anzueignen, diese weiterzugeben und so christlichen Positionen auch über die Medien gesellschaftlich Gehör zu verschaffen. Die Konstitution „Sacrosanctum Concilium“ fordert mehr Einsatz der jeweiligen Landessprache im Gottesdienst. Die Gläubigen sollen als Gemeinde aktiv ins liturgische Geschehen einbezogen werden; die Zentrierung auf den Priester tritt zurück.

September bis November 1964: Dritte Sitzungsperiode. Die Konstitution „Lumen gentium“ über ein neues Selbstverständnis der Kirche als Gemeinschaft der Gläubigen, das Dekret „Unitatis redintegratio“ mit einer grundlegenden theologischen Öffnung gegenüber Orthodoxen und Protestanten und weitere Konzilsdokumente verlangen maximale Kompromisse von den kirchenpolitischen Lagern. Neuerliche Krise und päpstliche Interventionen.

2. Februar 1965: Paul VI. verkündet neue Kleidervorschriften für den hohen Klerus und geht jahrhundertealten klerikalen Ornamenten an den Kragen.

September bis Dezember 1965: Vierte Sitzungsperiode und Abschluss; Verabschiedung der wichtigsten Konzilsdokumente: über Religionsfreiheit und Menschenrechte („Dignitatis humanae“); Judentum und andere nichtchristliche Religionen („Nostra aetate“); die Kirche in der Welt von heute (zu Krieg und Frieden, politischen -Ismen; „Gaudium et spes“)

16. November 1965: Kurz vor Konzilsende treffen sich rund 40 Bischöfe der Weltkirche in der Domitilla-Katakombe. Im sogenannten Katakombenpakt verpflichten sie sich auf eine dienende Kirche und zu Verzicht auf allen materiellen Reichtum.

7. Dezember 1965: In einer gemeinsamen Erklärung heben Paul VI. und der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Athenagoras, die 1054 von ihren Vorgängern sanktionierte gegenseitige Exkommunikation auf.

8. Dezember 1965: Abschluss des Konzils. Es folgt eine Phase von Begeisterung, pastoraler Experimentierfreude, aber auch tiefer Verunsicherung konservativer Katholiken.

März 1966: „Holländischer Katechismus“. Diese sehr liberal geprägte moderne Glaubensunterweisung will überliefertes Katholischsein in neuer Sprache ausdrücken. Sie sorgt aber für scharfe Auseinandersetzungen und römische Interventionen – und verkörpert die „nachkonziliare Krise“ der Kirche.

25. Juli 1968: „Humanae Vitae“, die letzte Enzyklika Pauls VI. „über die rechte Ordnung der Weitergabe menschlichen Lebens“. Sie untersagt Katholiken die Verwendung künstlicher Verhütungsmittel. Sie tönt mitten in die Sexuelle Revolution hinein und wird von der westlichen Öffentlichkeit schlecht aufgenommen. Die lehrmäßig konservative „Pillen-Enzyklika“ prägt bis heute das Bild des Konzilspapstes.

1969/70: Liturgiereform. Das neue römische Messbuch von 1969/70 schafft die alte Tridentinische Messe ab, bei der die Priester das Messopfer mit dem Rücken zur Gemeinde feiern. Die jeweilige Muttersprache wird erste Liturgiesprache, das Lateinische zurückgedrängt. Viele Traditionen und Riten wie etwa die Kanzelpredigt oder „Stille Messen“ werden abgeschafft.