Charismatische Darstellerin in TV-Premiere über Bodybuilderin

Der ungarische Film „Sanfte Monster“ dreht sich um eine Bodybuilderin, die bis an die Grenzen ihrer Belastbarkeit trainiert, um die Beste zu werden. Surreal anmutende Sequenzen lockern die düstere Geschichte etwas auf.

In Zusammenarbeit mit filmdienst.de und der Katholischen Filmkommission gibt die KNA Tipps zu besonderen TV-Filmen:

Die Bodybuilderin Edina (Eszter Csonka) gewinnt unter den Blicken ihres Lebensgefährten und Trainers Adam (György Turos) einen Wettbewerb, mit dem sie sich für das „Miss Olympia“-Turnier qualifiziert. Um an der Weltspitze mithalten zu können, müssen teure Aufbaupräparate gekauft werden, für die ihnen aber das Sponsoring fehlt. Als alle Alternativen scheitern, entschließt sich Edina, bei einer Escort-Agentur anzuheuern. Edinas Doppelleben – tagsüber hartes Training und strengste Diät unter Adams Augen, nachts die Erfüllung bizarrer Kundenwünsche – mündet bald in einem Zusammenbruch.

Einer ihrer Kunden behandelt sie wie eine Geliebte. Mit ihm erfährt sie in seltsamen Spielen Intimität. An seiner Seite könnte sie ein bürgerliches Leben führen. Doch als sie merkt, dass sie einer Illusion aufgesessen ist, kehrt sie in Adams Welt zurück. Trotz eindeutiger Hinweise, dass ihr Körper versagt, zwingt sie sich auf die Bühne des „Miss Olympia“-Turniers, auch wenn sie sich damit in Lebensgefahr bringt,

Das hauptsächlich mit Laien besetzte ungarische Drama „Sanfte Monster“ von Laszlo Csuja und Anna Nemes aus dem Jahr 2022 wirft einen Blick in die Welt der Bodybuilderinnen. Ein komplexes Phänomen, das mit seinen Riten und teils illegalen Praktiken selten im Fokus der Öffentlichkeit steht. Die Protagonistin Edina verkörpert das Paradox des Sports: Für ein perfektes, starkes Äußeres zerstört sie Schritt für Schritt ihr Inneres und ihre Gesundheit, bis sie sich an der Schwelle zum Tod wiederfindet.

Das intensive Drama beschönigt nichts, zeigt den harten Alltag einer ehrgeizigen Athletin und deren Fremd- und die Selbstausbeutung. Die Härte wird mitunter durch surreale Sequenzen gemildert, aber nicht verharmlost.

Stiernacken, sich wölbender Bizeps und breite, muskelbepackte Schultern – so sehen professionelle Bodybuilder aus. Die Person, die zu Anfang von „Sanfte Monster“ ihren gestählten Körper zur Schau stellt, ist allerdings weiblich, sprich, eine Bodybuilderin. Als eine der Frauen, die sich in einer scheinbar typischen Männerdomäne einen Platz erkämpfen wollen, steht im ungarischen Drama „Sanfte Monster“ von Laszlo Csuja und Anna Nemes die ehrgeizige Edina (Eszter Csonka) im Zentrum. Arte zeigt den Film am Mittwoch, dem 20. Dezember um 23.15 Uhr.

Bei Wettkämpfen von Bodybuilderinnen erkämpft sie sich Spitzenpositionen, schlägt ihre Konkurrentinnen scheinbar spielend. Doch dafür muss sie sehr viel entbehren. Nachdem sie sich für die Weltmeisterschaft im weiblichen Bodybuilding qualifiziert hat, darf sie abends zum ersten Mal seit zwei Monaten wieder eine deftige warme Mahlzeit zu sich nehmen. Das habe sie sich verdient, sagt ihr Trainer Adam (György Turos), der zugleich ihr Lebensgefährte ist, und streng darauf achtet, dass sie ihre Trainingseinheiten und ihre Diät einhält. Denn das richtige Training für Bodybuilding stellt eine Wissenschaft für sich dar – eine ihrer Säulen ist eine stramme Disziplin.

So motiviert Adam seine Athletin während des Trainings, spornt sie immer zu neuen Höchstleistungen an. Doch er ist sehr fordernd und hat ein aufbrausendes Temperament. Es wurmt ihn, dass Edina trotz ihrer Erfolge von keinem Sponsor unterstützt wird, so dass das Paar die Kosten für die teuren Aufbaupräparate allein stemmen muss.

Adam war früher selbst erfolgreicher Bodybuilder, musste dann aufhören und will sich nun durch seinen Schützling Edina selbst verwirklichen. Diese gehorcht ihm unterwürfig und ersinnt selbst Möglichkeiten, Geld dazuzuverdienen. Sie verdingt sich nach dem Training als Escort Girl für Männer, die auf muskulöse Frauen stehen. Mit dem Kunden Krisztian verbindet sie irgendwann mehr als nur eine geschäftliche Beziehung. Dadurch, dass Edina sich keine Pause gönnt, streikt jedoch irgendwann ihr Körper. Beim Training bricht sie zusammen.

Wie ständiger psychologischer Druck, emotionale Abhängigkeit und finanzielle Nöte eine Frau in eine selbstzerstörerische Spirale geraten lassen, arbeitet der Film der Regisseure Laszlo Csuja und Anna Nemes mit bedrückender Intensität heraus. Alles Glamouröse, das man mit diesem Sport verbinden könnte, geht „Sanfte Monster“ ab. Hier wird nichts verherrlicht, keine Erfolgsstory erzählt, sondern der harte Alltag einer Athletin gezeigt, die im Bodybuilding eine Aufstiegsmöglichkeit sieht. Sie stammt aus einer bäuerlichen Familie, die offenbar eine leidvolle Vergangenheit hat. Doch man erfährt nichts Explizites über Edinas Zeit vor dem Bodybuilding.

Der Film konzentriert sich auf das Jetzt, zeigt sie im Fitnessstudio beim Training, das an Folter grenzt und mit dem sie ihren Körper und ihre Seele schindet. Abends wiederum sieht man Edina und Adam in ihrer beengten dunklen Wohnung erschöpft ihren Haushalt führen oder das Programm des folgenden Tages planen. Freude und Unterhaltung gibt es im Leben der Athletin nicht. Alles dreht sich um Edinas anstehende Teilnahme an der Weltmeisterschaft, und diesem Ziel wird alles untergeordnet. Edina träumt davon, aus diesem harten Leben ausbrechen, doch eine gemeinsame Zukunft mit Krisztian erweist sich als Illusion.

So führen einige Figuren in diesem Film ein Doppelleben. Sei es, weil sie ihre von der Gesellschaft als abnorm angesehenen Leidenschaften im Verborgenen ausleben, sei es, weil sie sich nach einer anderen Existenz sehnen oder ihrer alten nachtrauern. In Eszter Csonka haben die Filmemacher eine charismatische Darstellerin für eine fordernde Rolle gefunden. Neben der nötigen Physis bringt sie auch die Sensibilität mit, die inneren Kämpfe und seelischen Narben ihrer Figur glaubhaft nach außen zu tragen.

Ganz nebenbei werden die Schattenseiten des Bodybuildings beleuchtet. So zeigt der Film die Gefahren von muskelaufbauenden Präparaten auf, die nichts anderes als gefährliche Dopingmittel sind.

Womöglich wäre der Film auf Dauer etwas zu düster und intensiv, würde er nicht von einigen surreal anmutenden Sequenzen aufgelockert werden. Einmal sieht Edina in einem Krankenhausflur einen Storch entlangstolzieren. Dann wiederum trifft sie sich mit Krisztian in immer changierenden Waldlandschaften, in denen beide mal spielerisch, mal ernst seine speziellen Fantasien ausleben. Der schönste von Edinas Wunschträumen nach einem schöneren Leben ist allerdings ein romantisches ungarisches Lied, zu dem sie mit Krisztian tanzt. Darin heißt es so poetisch wie sehnsüchtig: „Und morgen kommt die Straßenbahn und bringt dich nach übermorgen.“