Cent für Cent Hoffnung

Andacht über den Predigttext zum Sonntag Okuli: Markus 12, 41-44

Predigttext
41 Und Jesus setzte sich dem Gotteskasten gegenüber und sah zu, wie das Volk Geld einlegte in den Gotteskasten. Und viele Reiche legten viel ein. 42 Und es kam eine arme Witwe und legte zwei Scherflein ein; das ist ein Heller. 43 Und er rief seine Jünger zu sich und sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Diese arme Witwe hat mehr in den Gotteskasten gelegt als alle, die etwas eingelegt haben. 44 Denn sie haben alle von ihrem Überfluss eingelegt; diese aber hat von ihrer Armut ihre ganze Habe eingelegt, alles, was sie zum Leben hatte.

Margret beendet ihr Gebet. Sie greift zu ihrer Tasche, holt das Portemonnaie heraus, nimmt das Kupfergeld aus dem Münzfach und legt es in eine kleine Dose. Heute sind es sieben Cent, zwei Zwei-Cent-Münzen und drei einzelne Cent-Münzen. Als sie damals als Delegierte ihres Kirchenkreises auf den Philippinen die Idee der „Gemeinschaft der kleinsten Münze“ kennengelernt hat, war sie ganz begeistert. Das ist jetzt fast 25 Jahre her. Seitdem fühlt sie sich dieser internationalen Frauen-Gebetsgemeinschaft verbunden. Und seitdem beendet sie mehrmals die Woche ihr Gebet mit dem Griff zur Geldbörse: Jeweils die Kupfermünzen finden ihren Weg in die Dose, die sie damals mitgebracht hatte.

Verbunden im Gebet und im Geben

Die „Gemeinschaft der kleinsten Münze“ wurde 1956 durch asiatische Frauen gegründet, die sich aktiv für Versöhnung unter den asiatischen Ländern einsetzten, die durch den Krieg miteinander verfeindet waren. Dazu sollten Projekte beitragen, die über die „Gemeinschaft der kleinsten Münze“ finanziert wurden. Längst ist diese Gemeinschaft nicht mehr nur in Asien tätig, sondern weltweit, allerdings in Europa nur wenig bekannt.
Margret hat nie aufgehört, ihr Kupfergeld zu spenden, auch wenn sie immer sehr rechnen musste. Sie hatten nur ein Einkommen und drei Kinder, sparen konnten sie nie. Aber aus ihrer Arbeit im Ökumene-Ausschuss weiß sie, dass sie im weltweiten Vergleich immer noch privilegiert ist, auch wenn sie in Deutschland als arm gilt. Mit der Witwenrente und ihrer eigenen kleinen Rente konnte sie die Miete nicht mehr zahlen. Sie musste umziehen. Inzwischen hat sie sich eingelebt. Zum Glück hat sie eine Wohnung in der Nähe gefunden, so dass sie in ihrer alten Gemeinde bleiben konnte.
Oft muss Margret an die Geschichte vom Scherflein der Witwe aus dem Markus-Evangelium denken, wenn sie ihre Cent-Stücke in die kleine Dose legt. Jesus setzt sich in den Tempel und beobachtet die Leute dabei, wie sie ihre Kollekte geben. Er sieht die Reichen, die viel geben können und die Armen, die trotz ihrer Armut auch ihren Teil beitragen wollen. Er macht seine Jüngerinnen und Jünger darauf aufmerksam. Margret gefällt es, dass Jesus die kleinen Münzen wertschätzt, die eine arme Witwe im Tempel spendet. Auch wenn sie sich nicht wirklich vergleichen kann mit der Witwe aus der Bibel – sie hat das Gefühl, dass Jesus auch ihre Blechdose mit den Kupfermünzen gefallen würde.
Auch wenn sie die Idee der „Gemeinschaft der kleinsten Münze“ weiter getragen hat, so hat sie in all den Jahren ihr Geld nicht an die Zentrale überwiesen, sondern an andere Projekte gespendet. Es wäre zu schade, wenn der ganze Betrag von den Kosten für die Auslandsüberweisungen geschluckt würde. Auch wenn sie nie mehr als zwanzig Euro im Jahr spenden kann, überlegt sie doch genau, wohin das Geld gehen soll.

Jesus würden die Münzen gefallen

In diesem Jahr wird ihr Geld an den Arbeitskreis gegen Kinderprostitution und Menschenhandel gehen. Das ist ein Bündnis von Kirchenkreisen, Gemeinden und anderen kirchlichen Organisationen in Westfalen, die Kollektengelder an Projekte vergeben, die weltweit gegen Kinderprostitution und Menschenhandel arbeiten: Projekte in Afrika und Asien genauso wie die evangelischen Beratungsstellen in Westfalen. Margret weiß, dass das Geld unmittelbar den Projekten zugute kommt, dass der Verwaltungsaufwand niedrig ist und dass Kinderprostitution effektiv nur durch strengere Gesetze, durch die Bekämpfung der Armut und durch Bildung für die Kinder eingedämmt werden kann. Das kann sie allein mit ihren kleinen Beträgen nicht leisten. Aber mit vielen kleinen Münzen lässt sich Großes bewegen. Margret ist überzeugt, dass Gottes Segen darauf liegt, wenn sie mit ihrem Gebet ihre Spenden begleitet.