Carolin Kebekus über Mutterrolle, Kirche und Humor als Waffe
Aus der Elternzeit zurück auf die Bühne: Komikerin Carolin Kebekus spricht offen über Mutterschaft und übt Kritik an der katholischen Kirche. Ihr Blick auf die Rolle der Frau stößt auch auf Widerstand.
Was, wenn Jesus eine Frau gewesen wäre? – Carolin Kebekus lässt in ihrem neuen Programm keinen Tabubruch aus, besonders nicht beim Thema Religion. Mit neuen Folgen ihrer “Carolin Kebekus Show” im Ersten und mit einer Tour ist die 44-Jährige zurück aus der Elternzeit. Im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) spricht das Ex-Kirchenmitglied darüber, ob man ein Kind heutzutage noch taufen kann und ob Witze auf Kosten des eigenen Nachwuchses in Ordnung sind.
KNA: Ihre neue Tour heißt “Shesus”; es geht um Schwangerschaft und Geburt genauso wie um Kirche und Religion. Wie passen diese Themen zusammen?
Kebekus: Zum einen passt die Auswahl des Szenarios gut in die Reihe meiner bisherigen Programme. Außerdem war ich schon immer religionskritisch unterwegs. Und jetzt hat es gut gepasst, beide Themenbereiche zu verbinden. Seit der Geburt meines Kindes denke ich mir, dass es krass ist, was man als Frau da leistet, was Frauen alles schaffen und aushalten können. Umso erstaunlicher, wie das Patriarchat es über die Jahrtausende geschafft hat, die Frau klein zu halten und auf diese Mutterrolle zu beschränken. Allen voran die katholische Kirche.
Mein Programm ist aber nicht darauf ausgelegt, Katholiken-Bashing zu betreiben, sondern ich spreche persönlich über meine Religions- und Kirchenerfahrung.
KNA: Wer ist Ihre Zielgruppe?
Kebekus: Ich glaube, vor allem viele Frauen fühlen sich abgeholt. Es ist das eine, sich selbst so zu überhöhen, wie ich das auf der Bühne mache, als gottgleiche Erscheinung das Programm zu beginnen. Dies dann aber als Frau zu tun, ist noch mal etwas anderes. Vielen Frauen gefällt es, dass mal die Frau auf dem Thron sitzt, weil sie diejenige ist, die Leben erschafft.
KNA: Also braucht es Provokation, um Botschaften zu senden?
Kebekus: Ich spiele in dem Programm mit Fragen wie “Was wäre, wenn Jesus eine Frau gewesen wäre?”, “Was ist eigentlich mit den Frauen in der Bibel über viele Übersetzungen passiert?” oder: “Sollten wir den Zugang von Frauen zu geweihten Ämtern überdenken?”. Das ist etwas anderes, als sich blasphemisch zu äußern. Und die Reaktionen, der Hass, den ich darauf bekomme, sich Gott mal als Frau vorzustellen, zeigt, wie frauenfeindlich die Gesellschaft zum Teil noch ist.
KNA: Stellen Sie persönlich sich Gott also nicht als alten Mann mit Bart vor?
Kebekus: Vor allen Dingen nicht als strafenden Gott. Ich habe in meiner Kindheit zwei Gesichter von Gott, von Kirche, erlebt. In meiner Kindheit und Jugend war ich Teil einer jungen, neuen Gemeinde in Köln. Meine Eltern waren sehr involviert, sie haben die Gemeinde mitgestaltet, mit vielen anderen jungen Menschen.
Auf der anderen Seite hatte ich sehr gläubige Großeltern und eine Uroma. In deren Glauben war der strafende Gott allgegenwärtig, der alles sieht; der böse ist, wenn ich etwas falsch mache. Diese zwei Welten habe ich schwer zusammenbekommen. Und irgendwann habe ich dann noch gelernt, dass ich als Frau zwar schon zur Gemeinde gehöre, aber dass die Liebe dann doch nicht ganz so allumfassend ist und Frauen letztendlich doch nur eine untergeordnete Rolle spielen. Das fand ich befremdlich.
KNA: Wie würden Sie heute Ihren Glauben beschreiben?
Kebekus: Ich bin katholisch getauft, christlich erzogen und fühle mich immer noch katholisch, auch wenn ich aus der Kirche ausgetreten bin. Mehrere Themen treiben mich sehr um.
In der Kirche liegt so viel weibliches Potenzial brach. Es gibt viele Frauen, die aktiv sind, die so viel verändern könnten. Aber sie dürfen nicht. Wäre es nicht toll, wenn Kirche ein Ort der Begegnung sein könnte, der Gemeinschaft, der Liebe für alle Menschen? Gerade in dieser Zeit könnte man Kirche ja gut gebrauchen. Und mit Frauen könnte man die Institution Kirche eher am Leben halten. Die Frauenweihe würde das Problem des Personalmangels lösen. Außerdem läuft die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen furchtbar schleppend.
KNA: Kann man heutzutage noch ein Kind taufen lassen?
Kebekus: Ich tue mich wirklich schwer damit, weil ich auch durch den Verein “Umsteuern! Robin Sisterhood”, den wir gegründet haben, zu viele Einblicke in persönliche Missbrauchsfälle und vor allem den Umgang damit habe. Aber das ist eine sehr intime Entscheidung. Das kann ich nicht für andere sagen.
KNA: Wollen Sie den Glauben oder religiöse Traditionen an Ihr Kind weitergeben?
Kebekus: Auf jeden Fall. Das hat nichts mit der Institution Kirche zu tun. Meine christlichen Werte, die mir vermittelt wurden, die haben mich geprägt, die sind ja da. Das ist etwas Schönes.
KNA: Sie sprechen in Ihrem Programm viel über Ihre Schwangerschaft und Geburt, gleichzeitig halten Sie sonst Ihr Privatleben sehr bedeckt. Haben Sie nicht Sorge, dass Ihr Kind irgendwann sagt: “Mama, das ist peinlich, dass alle etwas über meine Geburt wissen?”
Kebekus: Die Sachen, die ich erzähle, sind eher für mich peinlich als für das Kind. Ich erzähle zum Beispiel, wie ich mich beim Stillen verhalte oder wie die Geburt für mich war. Ich gebe hier keine Informationen über mein Baby preis, sondern schildere meine Erlebnisse als Mutter.
KNA: Und in den nächsten Jahren? Wo ist die Grenze?
Kebekus: Ich denke, meine Rolle als Mutter wird als zentraler Teil meines Lebens weiter in den Programmen vorkommen. Die Skurrilitäten des Alltags müssen natürlich auf die Bühne. So würde es mir natürlich schwerfallen, nicht auf der Bühne zu erzählen, wenn das Kind was richtig Dummes gesagt hat. [lacht]
KNA: Manche sagen, man könne heutzutage keine Kinder mehr in die Welt setzen. Was sagen Sie dazu?
Kebekus: Mit der Einstellung hat man die Welt schon abgeschrieben. Wenn man sich anguckt, wie die junge Generation gerade für diesen Planeten kämpft, dann denke ich mir eher, dass man auf jeden Fall noch viele Menschen herstellen muss, die genauso drauf sind. Aber auch das ist natürlich eine sehr private Entscheidung. Ich persönlich würde sagen: gerade das Gegenteil.
KNA: Was kann Humor beitragen in einer Zeit, in der viele vor allem Krisen, Kriege und Populismus wahrnehmen?
Kebekus: Wie allen Menschen machen mir diese Dinge Angst. Aber wir können etwas tun. Als Künstlerin nutze ich sowohl auf der Bühne als auch in der “Carolin Kebekus Show” meine Stimme, um gegen Ungerechtigkeiten vorzugehen – gerade gegen Populismus. Auf der einen Seite.
Auf der anderen Seite braucht es gerade jetzt viel Humor. Ich finde, Humor ist eine Art Erlösung. Ich glaube, dass es schön und befreiend ist, im Lachen Druck abzulassen. Auch über die Dinge zu lachen, die einen ängstigen. Oft schrumpfen sie dann auf das Essentielle zusammen und es zeigt sich eine Absurdität. Ich mache gerade jetzt meinen Job sehr gerne, weil ich das Gefühl habe, die Leute haben richtig Bock zu lachen. Bei mir gibt es grundsätzlich kein Tabuthema. Aber ein Witz muss gut überlegt sein: Je heikler das Thema, desto besser muss meine Pointe überlegt sein.