Caritas: Sozialbereich darf nach Corona keine Mittel verlieren
Vor allem Frauen und Kinder haben laut Caritas massiv unter Corona gelitten. Für die Zukunft brauche es genug finanzielle Mittel im Sozialbereich. Eine Aufarbeitung der Pandemie – ohne Schuldzuweisungen – sei wichtig.
Als eine Lehre aus der Corona-Pandemie müssen nach Einschätzung der Caritas ausreichend Mittel in den Sozialsektor fließen. „Um krisenresilient zu bleiben, brauchen wir eine nachhaltige soziale Infrastruktur“, mahnte Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa am Mittwoch in Berlin. Hierfür benötige es auch finanzielle Puffer, etwa bei der Gesundheitsversorgung, Alten- und Behindertenhilfe oder in der Sozialberatung. Der Rotstift angesichts klammer öffentlicher Mitteln sei im Sozialen fehl am Platz.
„Die Corona-Pandemie war eine tiefgreifende Zäsur, eine wirkliche Krise“, so Welskop-Deffaa. Es sei richtig, diese Erfahrung aufzuarbeiten. Aber nicht nur aus wissenschaftlicher Sicht. Praktiker müssten, etwa in einer Enquete-Kommission im Bundestag, gleichermaßen befragt werden. Schuldzuweisungen sind aus Sicht der Caritas-Präsidentin der falsche Weg. Stattdessen gelte es, zu ermitteln, was gut gelaufen sei und welche Bereiche ausgebaut werden müssten.
Besonders hart hat die Pandemie nach Einschätzung verschiedener Caritas-Einrichtungen Kinder und Frauen getroffen. Nahezu jede vierte Frau zwischen 16 und 35 Jahren leide Studien zufolge unter den Folgen der Pandemie. Psychische Störungen bei Kindern und Jugendlichen hätten sich verdoppelt. Betroffene Kinder hätten Gewalt und Vernachlässigung länger aushalten müssen, bevor die Sozialsysteme griffen.
Der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) berichtete von einer massiven Überlastung vor allem junger Mütter. Das Jonglieren von Beruf und Kinderbetreuung auf oft engem Lebensraum ohne Ausweichmöglichkeiten habe viele an Grenzen gebracht, sagte die Armutsreferentin Heide Mertens vom SkF-Gesamtverein. In Familien, in denen Gewalt vorkomme, habe sich die Lage während der Lockdowns meist zugespitzt.
Die Einrichtungsleiterin der Caritas Familien- und Jugendhilfe in Berlin Neukölln, Monika Kießig, sprach von gravierenden Folgen vor allem für Kinder mit hohem Hilfsbedarf. „Kinder, die nicht in der Schule sind, die nicht in der Kita sind, wurden nicht gesehen“, beklagte Kießig. Diese jungen Menschen dürften auch im Nachgang nicht aus dem Blick verloren werden. Es seien aber auch innovative und alternative Betreuungsmodelle in der Pandemie gefunden worden.
Auch bei Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen müssten Aspekte aus heutiger Sicht anders bewertet werden. So etwa die Kontaktbeschränkungen. „Die Balance zwischen Schutzmaßnahmen und dem Recht auf zwischenmenschliche Beziehungen muss ausgewogen sein“, sagte der Geschäftsführer der Erfurter Caritas Altenhilfe Trägergesellschaft St. Elisabeth, Gundekar Fürsich. Er wünsche sich für die Zukunft einen besseren und regelmäßigen Austausch zwischen den zuständigen Behörden und Einrichtungen.
Bis heute ist laut Fürsich beim Pflegepersonal die Überlastung dieser Zeit durch krankheitsbedingte Ausfälle spürbar. Die Situation auf dem Pflegemarkt habe sich durch die Pandemie noch einmal verschärft.