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Caritas international kritisiert die Kürzung von humanitärer Hilfe

Das katholische Hilfswerk Caritas international hat vor den Folgen der Kürzung von humanitärer staatlicher Hilfe gewarnt. „Die humanitäre Hilfe, wie wir sie über Jahrzehnte gekannt und gestaltet haben, befindet sich in einer tiefgreifenden Transformation, die extrem beunruhigend ist“, sagte Oliver Müller, Leiter von Caritas international und Vorstand für Internationales, Migration und Katastrophenhilfe, am Dienstag bei der Jahrespressekonferenz in Freiburg.

Nach Caritas-Schätzungen kürzten Regierungen weltweit in diesem Jahr die humanitäre Hilfe um rund 60 Milliarden Dollar, das sei ein Rückgang um ein Drittel verglichen mit 2024. Aufgrund dessen hätten nach Schätzungen des Hilfswerks in den vergangenen Monaten 60.000 humanitäre Helfer entlassen werden müssen, darunter weltweit wohl mehr als 5.000 Caritas-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. „Das sind gut ein Drittel Helfer weniger als zuvor.“

Müller warnte davor, dass durch die Kürzungen die Schwächsten zuerst getroffen werden: Beispielsweise erhielten über zwei Millionen Menschen in Äthiopien keine Nahrungsmittelhilfe mehr und Tausende Kinder könnten in den Rohingya-Flüchtlingscamps in Bangladesch nicht mehr zur Schule gehen. Die Vereinten Nationen hätten bekannt gegeben, dass sie weltweit statt 180 Millionen Menschen nur noch 114 Millionen versorgen könnten. „Das ist dramatisch.“ Er riet, humanitäre Hilfen noch stärker und gezielter an lokale Partner zu vergeben, statt sie an große internationale Hilfsorganisationen zu zahlen. Damit mache Caritas international gute Erfahrungen und dies sei zudem effizienter und könne bis zu 30 Milliarden US-Dollar jährlich einsparen.

Dreieinhalb Jahre Krieg hätten die Ukraine tief gezeichnet. Mit 67 Hilfszentren und 29 konkreten Projekten habe Caritas international 1,4 Millionen Menschen in der Ukraine erreicht, sagte Müller, der vor wenigen Wochen selbst in der Ukraine war. „Das ist viel. Auf Hilfe angewiesen sind aber zwölf Millionen Menschen.“ Nicht einmal ein Viertel dieser Hilfsbedürftigen würde auch tatsächlich versorgt. Ein großes Problem sei auch die seelische Gesundheit: 50 Prozent der Menschen in der Ukraine litten durch den Krieg an psychischen Problemen.

In Gaza erlebe man derzeit eine humanitäre Katastrophe, sagte Eva Maria Welskop-Deffaa, Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes. Die gesamte Bevölkerung mit über zwei Millionen Menschen sei mittlerweile auf humanitäre Hilfe angewiesen. Laut Oliver Müller ist die humanitäre Krise kein Naturereignis – „das ist politisch gewollt.“ Sie sei das Ergebnis politischer Entscheidungen, die dazu führten, dass Menschen dort lebenswichtige Hilfe vorenthalten werde. Das sei ein Bruch des humanitären Völkerrechts, so der Leiter von Caritas international.

Im vergangenen Jahr half Caritas international, das Hilfswerk der deutschen Caritas, weltweit 9,1 Millionen Menschen in Not mit über 105 Millionen Euro. Dies seien 1,6 Millionen Menschen mehr als im Jahr 2023, so die Caritas-Präsidentin. Im Jahr 2024 unterstützte das katholische Hilfswerk 626 Projekte in 73 Ländern. Insgesamt rund 80 Prozent ging in die Not- und Katastrophenhilfe, der Rest in Projekte zum Wiederaufbau, soziale Hilfen sowie Katastrophen- und Krisenprävention. Rund 117.000 Spenderinnen und Spender haben 2024 insgesamt 40,1 Millionen Euro gespendet. Hinzu kamen unter anderem öffentliche Finanzierer wie die Bundesregierung, die Europäische Union sowie kirchliche Förderer. (1728/15.07.2025)