Caritas arbeitet Geschichte von Kinderkurheimen auf

In der Nachkriegszeit wurden Kinder wegen gesundheitlicher Probleme zu mehrwöchigen Kuraufenthalten geschickt. Dort erlebten sie schlimme Dinge, wie eine Untersuchung zeigt.

Die Caritas arbeitet die Geschichte von Kinderkurheimen auf
Die Caritas arbeitet die Geschichte von Kinderkurheimen aufImago / Dreamstime

Auch in zwei Kinderkur-Einrichtungen des Caritas-Verbandes der Diözese Mainz waren die Bewohner in der Nachkriegszeit drakonischen Regeln und Erniedrigungen ausgesetzt. „Die meisten Kinder haben in den beiden Einrichtungen keine erholsame Zeit verbracht, im Gegenteil“, sagte Diözesancaritasdirektorin Nicola Adick bei der Vorstellung eines Untersuchungsberichts in Mainz. Die Caritas hatte die Vorgänge in der Kinderheilstätte St. Josef im hessischen Bad Nauheim und des Kurheims Allerheiligen im Schwarzwald durch umfangreiche Aktenrecherchen und Gespräche mit Zeitzeugen rekonstruiert.

Insgesamt waren aus dem gesamten Bundesgebiet über die Jahre hinweg rund 15.000 Kinder in Bad Nauheim und mehr als 20.000 Kinder in Allerheiligen für mehrwöchige Aufenthalte untergebracht worden. Der Bericht schildert beispielsweise, wie mit Prügelstrafen durchgesetzt wurde, dass Kinder das ihnen vorgesetzte Essen vollständig aufaßen und die strikten Ruhezeiten einhielten. Ehemalige Heimbewohner berichteten vom Verbot, nachts die Toilette zu benutzen und sich über die Behandlung zu beschweren. Postkarten an die Eltern wurden streng kontrolliert. Kritik oder Bitten, abgeholt zu werden, durften nicht geäußert werden.

Belege für sexuelle Grenzverletzungen

Die Recherchen förderten auch Belege für sexuelle Grenzverletzungen zutage. Im Rahmen der Aufarbeitungsstudie über sexuelle Gewalt im Bistum Mainz war zudem der Fall eines Betroffenen bekannt geworden, der angegeben hatte, als Junge in Allerheiligen durch einen Hausgeistlichen vergewaltigt worden zu sein. Weitere Belege fanden sich im Rahmen der aktuellen Spurensuche nicht.

Als sogenannte Verschickungskinder wurden in der jungen Bundesrepublik Jungen und Mädchen bezeichnet, die wegen gesundheitlicher Probleme oder aufgrund von Mangelernährung ohne Begleitung der Eltern an mehrwöchigen Kuraufenthalten teilnahmen. Viele der Einrichtungen befanden sich in kirchlicher Trägerschaft. Aufgrund schwindender Nachfrage wurde das Heim in Bad Nauheim bereits 1963 und die Einrichtung in Allerheiligen 1978 geschlossen. Auf Initiative der Deutschen Rentenversicherung wird aktuell auch eine bundesweite Studie zu den Kinderkurheimen erstellt.