Rote Roben – daran sind die Richterinnen und Richter des Bundesverfassungsgerichts sofort erkennbar. Seit fast 75 Jahren gibt es das höchste deutsche Gericht.
Das Bundesverfassungsgericht ist das höchste deutsche Gericht und überprüft die Einhaltung des Grundgesetzes. Es entscheidet bei Verfassungsbeschwerden einzelner Bürger über mögliche Grundrechtsverletzungen ebenso wie bei Normenkontrollverfahren, bei denen Gesetze auf Bundes- oder Landesebene auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden. Auch Parteiverbotsverfahren liegen in der Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts.
Hinzu kommen Organstreitverfahren über Rechte und Pflichten von Verfassungsorganen, etwa bei Fragen der Gewaltenteilung oder Minderheitenrechten von Abgeordneten oder Fraktionen. Bei Streitigkeiten zwischen Bund und Ländern überprüfen die Karlsruher Richter und Richterinnen ebenfalls die Einhaltung der deutschen Verfassung. Die Entscheidungen sind unanfechtbar. Einzelheiten regelt das Bundesverfassungsgerichtsgesetz.
Das Gericht ist eines von fünf obersten Staatsorganen und damit hierarchisch auf einer Ebene mit Bundestag, Bundesrat, Bundesregierung und Bundespräsident. Aufgrund dieses Sonderstatus gegenüber anderen Gerichten ist es keine “reguläre” Instanz im deutschen Rechtswegsystem. Ein Instanzen-Zug ist etwa in Zivil- und Strafsachen bei Amts-, Land- und Oberlandesgerichten bis hin zum Bundesgerichtshof möglich.
Das 1951 als Folge der Erfahrungen mit dem Nationalsozialismus gegründete Gericht besteht aus zwei Senaten mit jeweils acht Richtern, die mindestens 40 Jahre alt sein müssen. Ihre Amtszeit dauert zwölf Jahre, höchstens aber bis zur Erreichung der Altersgrenze von 68 Jahren. Gewählt werden sie je zur Hälfte von Bundestag und Bundesrat mit einer Zweidrittelmehrheit.
Drei Richter jedes Senats müssen aus dem Kreis der Richter an einem obersten Bundesgericht gewählt werden, die übrigen benötigen nur die “Befähigung zum Richteramt”, also ein zweites juristisches Staatsexamen. Bundesrat und Bundestag bestimmen abwechselnd den Präsidenten und den Vizepräsidenten, die beide einem Senat vorstehen.
Aktuell gibt es sieben Richterinnen und neun Richter am Bundesverfassungsgericht. Nach der nun anstehenden Wahl von drei neuen Richtern könnte das Bundesverfassungsgericht erstmals in der Geschichte paritätisch besetzt sein.
An das Bundesverfassungsgericht kann sich jeder wenden, der sich durch die Staatsgewalt in seinen Grundrechten verletzt sieht, sofern der Rechtsweg erschöpft ist. Jährlich gehen bei den Richtern zwischen 6.000 und 7.000 Verfahren ein, über 95 Prozent davon Verfassungsbeschwerden. Lediglich 2,3 Prozent dieser Beschwerden waren seit 1951 erfolgreich. Die meisten Fälle bearbeiten sechs aus beiden Senaten gebildete Kammern mit jeweils drei Richtern.