Bundessozialgericht klärt Erstattung von Grundsicherungsleistungen

Bürgergeldbezieher müssen zu Unrecht erhaltene Leistungen eines von einer Kommune betriebenen Jobcenters zurückzahlen und können nicht auf die Verantwortlichkeit des kommunalen Sozialhilfeträgers verweisen. Nur weil die sogenannte Optionskommune das Jobcenter in eigener Regie führt, ist nicht davon auszugehen, dass die Behörde bei ihrer Erstattungsforderung Kenntnis davon hat, dass die Sozialhilfe sonst für die Grundsicherung eingesprungen wäre, urteilte am Mittwoch das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (BSG) (AZ: B 4 AS 6/23 R)

Ein spanisches Ehepaar war vor Gericht gezogen, das von März 2015 bis Februar 2016 vom Jobcenter Hartz-IV-Leistungen bezogen hat. Der Lahn-Dill-Kreis betreibt das Jobcenter als sogenannte Optionskommune eigenverantwortlich und ohne Beteiligung des Bundes. Das Jobcenter hatte den Klägern die Hartz-IV-Leistungen nur vorläufig gewährt, weil beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) ein Verfahren zur Frage anhängig war, ob arbeitsuchende EU-Bürger nach EU-Recht Arbeitslosengeld II beanspruchen können.

Die Luxemburger Richter hatten am 15. September 2015 geurteilt, dass Deutschland arbeitsuchende EU-Bürger von Hartz-IV-Leistungen ausschließen darf (AZ: C-67/14). Allerdings hatte das BSG am 20. Januar 2016 dann geurteilt, dass EU-Bürger statt Hartz IV mitunter Sozialhilfe beanspruchen können (AZ: B 14 AS 15/15 R).

Nach dem EuGH-Urteil forderte das Jobcenter die Hartz-IV-Zahlungen zurück, 3.777 Euro von der Ehefrau und 4.958 Euro vom Ehemann. Die Kläger hielten das für rechtswidrig. Das Jobcenter werde allein von der Kommune betrieben. Als kommunale Behörde hätte es daher wissen müssen, dass zumindest ein Anspruch auf kommunale Sozialhilfe in gleicher Höhe bestehe. Mit dieser Kenntnis hätte das Jobcenter das Geld vorrangig vom Sozialhilfeträger zurückfordern müssen, so ihre Argumentation.

Die neue BSG-Präsidentin und Vorsitzende des 4. Senats, Christine Fuchsloch, erklärte auf ihrer ersten BSG-Sitzung jedoch, dass das Jobcenter das Geld zurückfordern durfte. Das in kommunaler Verantwortung betriebene Jobcenter und der kommunale Sozialhilfeträger seien bei Erstattungsforderungen getrennt anzusehen. Ein Anspruch darauf, dass das Jobcenter die Erstattung der Leistung vorrangig von der Sozialhilfe hätte einfordern sollen, bestehe nicht.

Allerdings sei der Betrag hinsichtlich des mittlerweile verstorbenen Ehemannes um die geleisteten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge um etwa ein Viertel zu reduzieren. Diese könnten nicht mehr zurückgefordert werden. Weil die Ehefrau familienversichert war, fielen bei ihr keine Versicherungsbeiträge an.