Bundesregierung verdoppelt Hilfen für Erdbebenregion

Erschüttert vom Ausmaß der Schäden zeigen sich Außenministerin Baerbock und Innenministerin Faeser beim Besuch in der türkischen Erdbebenregion. Zwischen den Trümmern sagen sie weitere Hilfen zu.

Außenministerin Baerbock und Innenministerin Faeser laufen durch den zerstörten türkischen Ort Pazarcik
Außenministerin Baerbock und Innenministerin Faeser laufen durch den zerstörten türkischen Ort PazarcikImago / Phototek

Das Ausmaß sei kaum in Worte zu fassen, sagte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) nach einem Besuch in der vom Erdbeben gezeichneten Stadt Pazarcik im Südwesten der Türkei. Viele Häuser sind eingestürzt, unzählige haben gefährliche Risse und sind unbewohnbar. Am Dienstag besuchte Baerbock gemeinsam mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) die Stadt, die Epizentrum des ersten schweren Bebens am 6. Februar war. Sie kamen mit dem Versprechen langfristiger deutscher Hilfe für die Region. Konkret sagten sie nochmals 50 Millionen Euro zu und verdoppelten damit die bisherige deutsche Unterstützung.

Die internationale Hilfe sei weiterhin wichtig, sagte Baerbock. Faeser unterstrich, dass die Errichtung winterfester Unterkünfte dringlich sei. Beide besuchten auch eine an Pazarcik angrenzende Zeltstadt für Menschen, die durch die Beben obdachlos geworden sind.

Nachts wird es kalt

Nachts ist es dort nach wie vor bis zu minus sieben Grad kalt, berichtete die Ärztin Hansi Sobez, die mit der Organisation „Humedica“ medizinische Hilfe für die Zeltstadt leistet. Viele dort Untergebrachte hätten Atemwegsinfekte, einige Durchfall, Kinder seien traumatisiert. 1.700 Menschen sind in diesem Camp nach Angaben der türkischen Betreiberorganisation untergebracht, 250 davon Kinder.

Die neu zugesagten Mittel sollen aber auch den Menschen im Nordwesten Syriens helfen, die mindestens genauso schwer von den Beben getroffen wurden. 17 Millionen Euro sollen über UN- und Nichtregierungsorganisationen die Menschen in dem Land unterstützen, in dem seit 2011 ein Bürgerkrieg herrscht. Für viele dort komme jede Hilfe zu spät, weil das dortige Regime diese zunächst nicht zugelassen, die eigene Bevölkerung sogar weiter bombardiert habe, kritisierte Baerbock. Faeser ergänzte, inzwischen seien drei Grenzübergänge nach Syrien geöffnet. „Wir tun alles dafür, um Hilfe auch nach Syrien zu bekommen“, sagte sie.

Auf dem Programm der Ministerinnen bei der eintägigen Reise in die Türkei stand außerdem der Besuch in einer Annahmestelle für Visa. Die Bundesregierung will türkischen Betroffenen des Erdbebens in der Türkei in einem vereinfachten Verfahren ermöglichen, für drei Monate bei Angehörigen in Deutschland unterzukommen. Anträge werden in einer Visaanahmestelle sowie seit Dienstag auch in einem mobilen Bus entgegengenommen.

Hilfe noch lange nötig

Bis Montagabend sind nach Angaben des Auswärtigen Amts 96 Schengen-Visa nach dem vereinfachten Verfahren erteilt worden. Die Türkische Gemeinde in Deutschland hatte die Verfahren als immer noch zu bürokratisch und die Beschränkung auf Angehörige ersten und zweiten Grades kritisiert. Faeser wiedersprach am Dienstag. Bislang habe das Verfahren funktioniert. Zudem würden die türkischen Behörden helfen, wenn Pässe verloren gegangen seien. An der Voraussetzung eines Passes will sie festhalten. „Ich bin für die Sicherheit in Deutschland verantwortlich“, sagte sie.

Parallel zum Besuch von Baerbock und Faeser erreichten am Dienstag weitere 13 Tonnen Hilfsgüter aus Deutschland den Flughafen Gaziantep, darunter 100 Zelte, 400 Feldbetten und mehr als 1.000 Schlafsäcke. Auch Heizungen und Generatoren sollen helfen, die derzeit noch kühlen Tage zu überstehen.

Die Hilfe werde noch lange geleistet werden müssen, sagte Baerbock, während sie vor den Trümmern eines Hauses in Parzacik stand, hinter dem sich auch nach den Beben die unbeschädigten Minarette einer Moschee erheben. Auch wenn die Straßen inzwischen wieder geräumt sind, ist in der Stadt bereits sichtbar, wie lange der Wiederaufbau dauern wird. Mehr als 900 Gebäude sind in der Stadt eingestürzt, fast 11.000 sind so schwer beschädigt, dass sie abgerissen werden müssen.