Bundesmittel für Suizidprävention gefordert
Hilfsangebote für suizidgefährdete Menschen müssen nach Ansicht von Fachleuten finanziell besser abgesichert werden. Nötig seien Bundesmittel von mindestens 20 Millionen Euro im kommenden Jahr, sagte der Kasseler Professor für Soziale Therapie, Reinhard Lindner, als Sprecher des Nationalen Suizidpräventionsprogramms (NaSPro) am Dienstag in einer Online-Pressekonferenz. Zahlreichen niedrigschwelligen Angeboten der Suizidprävention etwa in der Telefon- und Online-Beratung fehle eine nachhaltige Finanzierung.
Mithilfe eines Bundesförderprogramms sollten Bund und Länder künftig gemeinsam entsprechende Einrichtungen, Angebote und Netzwerke erhalten und weiter entwickeln, sagte Lindner. Unter anderem müsse eine zentrale Informations- und Koordinationsstelle mit einer allzeit erreichbaren Telefonnummer eingerichtet und finanziert werden. Auch der Erhalt und Ausbau bestehender „palliativer und hospizlicher Hilfen am Lebensende“ müsse finanziell gefördert werden. „NaSPro“ versteht sich als „bundesweites kooperatives Netzwerk mit dem Ziel der Förderung und Entwicklung der Suizidprävention“.
Der Neurologe und Psychiater Lindner verwies dabei auf einen in der vergangenen Woche veröffentlichten „Kasseler Aufruf 2023“ von mehr als 100 Fachleuten. Darin fordern sie mehr Mittel für die Suizidprävention im Bundeshaushalt 2024. Georg Fiedler von der Deutschen Akademie für Suizidprävention unterstrich, dass der Bundestag bereits Anfang Juli mit großer Mehrheit die Förderung der Arbeit beschlossen habe. Bislang sei aber nichts passiert. „Prävention ist eine Investition in die Zukunft“, sagte Fiedler: „Wer kurzfristig denkt und bei der Prävention spart, zahlt später drauf“, sagte er mit Blick auf die geforderten 20 Millionen Euro für den Bundeshaushalt 2024.
2021 beendeten laut Statistischem Bundesamt 9.215 Menschen ihr Leben durch einen Suizid (2020: 9.206 Fälle). Davon waren fast drei Viertel (74 Prozent) Männer. Zudem versuchten 2021 mehr als 100.000 Menschen, sich das Leben zu nehmen.
Auch der Vorsitzende der „TelefonSeelsorge Deutschland“, Helmut Ellensohn, sprach sich für den Aufbau einer bundesweiten Hotline zur Suizidprävention aus. Die Telefonseelsorge könne aufgrund ihres breiten Angebotes nicht alle Menschen erreichen, die Hilfe benötigen. Zugleich mahnte er eine bessere Förderung für die Telefonseelsorge an, damit sie weiterhin flächendeckend rund um die Uhr verfügbar sein könne. Der größte Teil der Finanzierung kommt bislang von den beiden großen Kirchen, sagte Ellensohn. Die 1956 gegründete Telefonseelsorge gilt als erstes Angebot dieser Art unter den Krisenberatungsangeboten.
Eine fehlende Anschlussfinanzierung droht nach eigenen Angaben unter anderem der Online-Suizidprävention für junge Menschen „U25“. Zudem leidet das Angebot unter dem Dach des Caritasverbandes unter zu wenig Vollzeitstellen, sagte Klaus Weckwerth bei der Vorstellung des Projektes. So hätten in diesem Jahr nur 20 Prozent der Neuanfragen von Ratsuchenden angenommen werden können. Über eine fehlende Anschlussfinanzierung nach 2025 klagte auch die 2023 gegründete Suizidprävention „Mano“.