Buhrow verteidigt Öffentlich-Rechtliche im Fall um Putin-Biografen

Tom Buhrow sieht in der Affäre um den Journalisten Hubert Seipel „keinen exemplarischen Fall für das öffentlich-rechtliche System“. Der WDR-Intendant verwies am Donnerstag vor dem WDR-Rundfunkrat in Köln auf ähnliche Fälle in privaten Medienhäusern und nannte als Beispiel die Affäre um den ehemaligen „Spiegel“-Autoren Claas Relotius.

Seipel, der mehrere Exklusivinterviews mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin führen konnte, wird bezahlte Propaganda vorgeworfen. Recherchen des ZDF und weiteren Medien zufolge soll Seipel 600.000 Euro von einem russischen Oligarchen für Buch-Veröffentlichungen erhalten haben. Der Fernsehjournalist realisierte für den Norddeutschen Rundfunk unter anderem „Ich, Putin – Ein Portrait“ (2012) sowie Interviews mit Edward Snowden und Wladimir Putin in Moskau (2014).

Der mehrfach ausgezeichnete Journalist hatte auch Filme für den WDR gemacht, zum Beispiel die Dokumentation „Gigant Gazprom“ (2009). Nach Angaben von Programmdirektor Jörg Schönenborn hatte der WDR im Fall Seipel „keinerlei Wissen über die Vorgänge, die jetzt bekannt geworden sind. Es gibt keine Verbindungen zu uns.“

Wie das Grimme-Institut dem Evangelischen Pressedienst (epd) bestätigte, wird derzeit überprüft, ob Seipel ein 2009 für den Film „Leben und Sterben für Kabul“ verliehener Grimme-Preis aberkannt wird. Um diese Frage zu klären, habe sich das Institut mit der stellvertretenden Vorsitzenden der damaligen Jury in Verbindung gesetzt, sagte Grimme-Direktorin Frauke Gerlach: „Wir streben an, die Prüfung zeitnah und gründlich abzuschließen.“

Die Affäre um Seipel hatte am Dienstagabend begonnen. Der NDR gab bekannt, rechtliche Schritte gegen den Autor zu prüfen. Seipel soll Geld vom russischen Unternehmer Alexej Mordaschow erhalten haben, der mittlerweile infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine auf der Sanktionsliste der EU steht. Der Verlag Hoffmann und Campe kündigte an, die Bücher des Autors nicht mehr zum Verkauf anzubieten. In dem Verlag sind zwei Bücher von Seipel erschienen, „Putins Macht“ (2021) und „Putin. Innenansichten einer Macht“ (2015).

WDR-Intendant Buhrow berichtete in der Sitzung des Rundfunkrats außerdem von „erheblichen Anfeindungen“ gegen Reporterinnen und Reporter des Westdeutschen Rundfunks, zu denen es bei propalästinensischen Demonstrationen in Nordrhein-Westfalen komme. „Das ist eine neue Qualität, die wir so noch nicht erlebt haben“, sagte der Intendant. Ihm zufolge müssten die Kamerateams von Sicherheitskräften begleitet werden. Auf die Bedrohungen habe der Sender mit zusätzlichen Schulungsangeboten reagiert. Zudem sei ein Sicherheitstraining für WDR-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter geplant.