Mit einem Informations- und Aktionstag am Friedländer Bahnhof reagiert das Bürgerbündnis „Friedland ist bunt“ auf eine rechtsextreme Hass- und Hetzkampagne, die nach dem Tod eines ukrainischen Mädchens in dem Ort nahe Göttingen vor allem im Internet und den sozialen Medien losgetreten wurde. Unter dem Motto „Miteinander statt Gegeneinander“ sind an diesem Sonntag (7. September), ein Workshop, Redebeiträge und Informationsstände geplant, wie „Friedland ist bunt“ auf Facebook mitteilte.
Ein Flüchtling aus dem Irak soll die 16-Jährige Ukrainerin am 11. August im Friedländer Bahnhof gegen einen fahrenden Güterzug geschubst haben. Der mutmaßliche Täter gilt als psychisch krank. Seit seiner Festnahme am vergangenen Freitag befindet er sich im Maßregelvollzug, einem hoch gesicherten psychiatrischen Krankenhaus.
Der Vorfall war von der Polizei zunächst nicht als Tötungsdelikt kommuniziert worden.
Im Mittelpunkt der Kampagne von rechts steht Friedlands Bürgermeister Andreas Friedrichs (SPD). Nachdem er in einem Interview mit dem NDR den Tod des Mädchens als „tragischen Unglücksfall“ bezeichnet und gewarnt hatte, dass dieser für Hetze missbraucht werde, erhielt er nach eigenen Angaben weit mehr als 100 Drohmails und -anrufe. „Sie haben das Herz eines KZ-Aufsehers“; „Treten Sie sofort zurück“; „Mögen euch eure neuen Schützlinge auch vor den Zug werfen“; „Es hätte eine Tochter vom Bürgermeister treffen müssen“, zitierte das „Göttinger Tageblatt“ in seiner Ausgabe vom Mittwoch aus den Mails.
Wörtlich drohten die größtenteils Absender demnach mit: „Wir kriegen dich“, „See You“, „Du bist fällig”, oder auch mit “Tod allen Sozi-Schweinen„. Zuvor hatte das rechtspopulistische Nachrichtenportal “Nius„ Friedlands Verwaltungschef angegriffen. “Bürgermeister verharmlost Mord” war in der Überschrift zu lesen.
Heftige Beschimpfungen gegen Friedrichs hatte es Augenzeugen zufolge auch am Montagabend bei einem sogenannten Trauermarsch im thüringischen Leinefelde gegeben. Rund 200 Menschen hatten sich daran beteiligt. Aufgerufen hatte unter anderem der vorbestrafte Neonazi und „Heimat“(früher: NPD)-Funktionär Thorsten Heise. Er soll Friedrichs bei dem Trauermarsch als einen „fürchterlichen Bürgermeister“ bezeichnet haben, von dem er hoffe, dass er „aus dem Land gefegt werde“. Leinefelde liegt nur wenige Kilometer von Friedland entfernt, in dem Ort treffen sich seit Jahren immer montags Anhänger der Querdenker-Szene zu Kundgebungen.
„Auch in Zeiten der Trauer, Angst und Wut wenden wir uns einander zu und suchen das Gespräch“, heißt es in der Einladung von „Friedland ist bunt“ zu dem Aktionstag am Sonntag. Die Teilnehmer des Workshops sollen lernen, rechte Parolen am „Arbeitsplatz, im Gespräch mit der Verwandtschaft oder beim Grillen im Verein“ nicht einfach so stehenzulassen. Bei der Veranstaltung werde auch über Hilfsangeboten für Trauernde, Opfer von Gewalttaten, in psychischen Krisensituationen und für Geflüchtete informiert, hieß es.