Buchtipp: „Die Legenden der Juden“ zeigt David mal anders
Louis Ginzberg sammelte jüdischen Sagen, Märchen und Legenden. Die Sammlung erscheint nun unter dem Titel „Die Legende der Juden“ als Buch. Ein etwas anderer Blick auf biblische Figuren.
„Die Lage der Juden zur Zeit des Ahasverus ist zu vergleichen mit der Taube, die, als sie in ihr Nest eintreten will, eine Schlange darin erblickt, und als sie zurückfliegen will, eines Falken, der ihr nachstellt, gewahr wird.“ Das heißt, die Juden hatten, wie die Taube, keine Chance zu überleben. So beginnt die Legende über Esther, der es mit Klugheit, Schönheit und mit Gottes Hilfe gelingt, die Juden zu retten. An „Anmut“ habe sie sogar den Wahrsager Joseph übertroffen.
Biblische Geschichten – spannend und humorvoll
Mit der Erzählung über Esther schließt das Buch „Die Legenden der Juden“ mit jüdischen Sagen, Märchen und Legenden, die vom 2. bis zum 14. Jahrhundert entstanden sind. Gesammelt hat sie Louis Ginzberg, 1873 im damals russischen Kovno geboren und 1953 in New York gestorben. Es handelt sich dabei um die wichtigste und umfangreichste Zusammenstellung von Legenden, soweit sie biblische Personen und Ereignisse betreffen. Verfasst hat sie Ginzberg in deutscher Sprache; zuerst erschienen ist sie zwischen 1909 und 1938 in sieben Bänden auf Englisch in Philadelphia. Nun liegt sie in der ursprünglichen deutschen Fassung vor.
Die Ausgabe erfüllt alle Ansprüche: eine ausgezeichnete Einleitung erklärt Entstehung und Bedeutung der Sammlung; der Hauptteil enthält die Legenden. Sie ranken sich um biblische Geschichten, schmücken sie aus, bürsten sie gelegentlich gegen den Strich, sind spannend, humorvoll. So ist David mit dem Riesen Goliath verwandt. Und der bereits erwähnte Joseph aus dem 1. Buch Mose kommt längst nicht so gut weg wie im biblischen Bericht. Er wird als hochmütig und verschlagen dargestellt.
Buch zeigt Hochachtung für die Thora
Durch das gesamte Buch zieht sich große Hochachtung für die Thora, die heilige Schrift der Juden. Da dem jüdischen Volk in nachbiblischer Zeit Macht und Ehre genommen wurden, bezog sich seine Fantasie auf die große Vergangenheit, wie sie in der Bibel dargestellt wird.
Das Buch vom ersten bis zum letzten Kapitel hintereinander zu lesen, ist ein großer Genuss. Aber auch jede einzelne Geschichte kann für sich gelesen und – vorgelesen werden.