Buchtipp: Als die Mönche die Heimat verließen
Der Theologe Christoph Markschies schreibt regelmäßig Buchrezensionen. Diesmal stellt er ein Buch über das Mönchtum in Irland von Gerold Vorländer vor.
Das irische Mönchtum hat Konjunktur. Auf die kleine schottische Insel Iona, auf der wieder eine geistliche Gemeinschaft lebt, reisen vor allem im Sommer viele Menschen. Sie erkunden dort die besondere Frömmigkeit dieser frühmittelalterlichen Bewegung, die besonders durch ihre langen Pilgerfahrten quer durch Europa, viele berühmte Klostergründungen und eine sehr harte Disziplinarordnung charakterisiert ist. Mit dieser sicherten sie ihre schroffen asketischen Praktiken und ihr intensives Werben für Buße und Demut ab.
Autor Gerold Vorländer ist im Team der Berliner Stadtmission
Gerold Vorländer, der zum Team der Berliner Stadtmission gehört, ist erkennbar fasziniert davon, dass diese Menschen mit Mut „die Botschaft Christi … bezeugen: mit einem erkennbar christlichen Leben und verständlichen Worten“. Aus den historischen Fakten hat der Autor eine Erzählung über Columban von Iona gestaltet und legt zu Beginn Rechenschaft darüber ab, was er frei erfunden hat. Nach jedem Kapitel fügt er Denkanstöße dafür an, was man für den persönlichen Glauben und das eigene Leben einerseits und für die christlichen Kirchen und Gemeinden andererseits „mitnehmen“ kann.
Das sind oft sehr persönliche Fragen. Die Dialoge in den erzählerischen Abschnitten sind flott formuliert, ihre Sprache in die Gegenwart unserer Tage gezogen. Die strengen Mönche, in deren Klöstern man geprügelt wurde, wenn man sich im Kapitel übergeben musste, werden so zu Protagonisten einer unverkrampften missionarischen Strategie, die statt einer „Komm-Strukutur“ die „Geh-Struktur“ pflegen. Die ebenfalls streng hierarchischen Strukturen des irischen Mönchtums werden als Anregung für eine „Team-Struktur“ in den Gemeinden genommen.
Ein historisch-informierender praktisch-theologischer Ratgeber
Die umfangreiche Zahl der liturgischen Tagzeiten wird, weil es für die Erzählung passt, mal eben um die Hälfte reduziert. Der Verfasser versteht sein Büchlein als „historisch informierten praktisch-theologischen Ratgeber“ und kann „aus der Perspektive des 21. Jahrhunderts“ schwungvoll erzählen. Man könnte natürlich auch so vom historischen irischen Mönchtum erzählen, dass die Fremdheit dieser Bewegung deutlicher wird und der Abstand zwischen dem frühen Mittelalter und unseren Tagen. Aber selbstverständlich kann man auch versuchen, aus dem Einlassen der Mönche auf ihnen ursprünglich ganz fremde Kulturen Anregungen für den Umgang des Christentums mit Kulturen der Gegenwart zu gewinnen.
Gerold Vorländer, Als die Mönche die Heimat verließen. Historische Geschichten mit Impulsen für heute, SCM R. Brockhaus Verlag, Witten 2023, 320 Seiten, 25 Euro
Christoph Johannes Markschies ist ein deutscher evangelischer Theologe und Professor für Antikes Christentum