Die farbintensiven Werke von Max Pechstein (1881-1955) gelten als Inbegriff des Expressionismus. In einer großangelegten Retrospektive werden sie derzeit im Buchheim-Museum am Starnberger See gezeigt.
Auf der Suche nach neuen Ausdrucksformen sprengten junge Künstler zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Ketten der Tradition. Farbe und Form lösten sich vom dargestellten Gegenstand. Die Expressionisten befreiten die Kunst davon, die Realität abzubilden. Diese neue Freiheit zeigt sich beispielhaft am Leben und Werk von Max Pechstein (1881-1955) – mit allen Verwerfungen und Katastrophen, die diese Zeit mit sich brachte. Ein Überblick über sein Schaffen ist bis 26. Oktober im Buchheim-Museum am Starnberger See zu sehen.
Die in Rotterdam gestartete Wanderausstellung hat im oberbayerischen Bernried ihre zweite Station. Die über 40 Gemälde, zahlreichen Grafiken und Fotografien stammen vor allem aus dem Max-Pechstein-Museum, einer Unterabteilung der Kunstsammlungen Zwickau. Ergänzt werden sie im Buchheim-Musem um 60 Arbeiten aus der eigenen Sammlung.
Die Spanne reicht vom Frühwerk über Exponate aus der Zeit Pechsteins in der Künstlergruppe “Brücke”, deren Mitglied er 1906 geworden war. Dazu kommen Meisterwerke der 1910er- bis frühen 1930er-Jahre bis zum Spätwerk nach dem Zweiten Weltkrieg. Der Maler liebte die Ostseeküste. In seinen Landschaftsbilder hielt er bevorzugt Hinterpommern und die Kurische Nehrung fest. Auch Stillleben, Porträts und Figurenbilder gehören zu seinem Œuvre, genauso wie exotische Motive aus der fernen Südsee.
Sein künstlerischer Werdegang wurde dem aus Zwickau stammenden Pechstein nicht in die Wiege gelegt. Aus einer Arbeiterfamilie stammend, war er aber schon jung wild entschlossen, Künstler zu werden. Zunächst lernte er Dekorationsmalerei, ging dann in eine Kunstgewerbeschule und studierte von 1903 bis 1906 an der Kunstakademie in Dresden.
1906 trat Pechstein nach einer Begegnung mit Ernst Ludwig Kirchner und Erich Heckel deren Künstlergruppe “Brücke” bei. Immer auf der Suche nach neuen Formen, reiste er 1907 nach Italien und weiter nach Paris. Ab 1908 lebte der Künstler in Berlin und nutzte 1912 die Gelegenheit, bei der “Berliner Secession” auszustellen. Dies missfiel aber den “Brücke”-Malern, die ihren Kollegen deshalb ausschlossen.
1923 folgte für Pechstein der Ruf als Professor an die Preußische Akademie der Künste. Damit war es vorbei, als 1933 die Nazis an die Macht kamen und seine Arbeiten als “entartet” diffamierten. 1944 verbrannte auch noch ein großer Teil seiner Werke durch Kriegsschäden. Nach Kriegsende ernannte man Pechstein zwar wieder zum Professor an der Universität der Künste Berlins – an die großen Erfolge konnte er aber nicht mehr anknüpfen.
Die Ausstellung beginnt mit seinem Gemälde “Die Geierwally” (1895), da war Pechstein gerade mal 15 Jahre. Beim “Mädchen im Walde” aus der “Brücke”-Zeit wird deutlich, welche Kraft in seiner Kunst steckte. Mit einer spontanen Malweise, kräftigen Konträrfarben und vereinfachten Körperformen rebellierte er gegen bürgerliche Normen. In seinen Porträtbildern bannte Pechstein Familienmitglieder, Freunde, Bekannte und nicht zuletzt sich selbst immer wieder auf die Leinwand. Stillleben boten ihm die Möglichkeit, sich mit dem Kubismus auseinanderzusetzen, aber auch mit anderen stilistischen Einflüssen.
Der Drang, aus der Stadt zu fliehen und sich auf Reisen der Natur zu nähern, zieht sich durch sein gesamtes Werk. Auch die dabei erlebten Begegnungen mit einfachen Menschen werden zur stetigen Quelle neuer Motive. Wenn Pechmann reiste – etwa nach Palau ins ehemals deutsche Kolonialgebiet in der Südsee -, dann nie als objektiver Beobachter. Mit romantisierendem Künstlerblick war er auf der Suche nach “Authentizität” und “Ursprünglichkeit”. Die Realität blendete er aus.
So entstanden Szenen mit Booten und Badenden am Meer. Am Ende seines Lebens malte Pechstein farbenfrohe und lichtdurchflutete Bilder – eine heile Welt, gespeist aus den Erinnerungen an Reiseindrücke von früher. Man spürt in ihnen eine unerfüllbare Sehnsucht nach etwas Unwiederbringlichem. So sagte er im Alter einmal: “Die Kunst war und ist das beglückende Element meines Lebens.”