Bremer Gemeinde bestattet jahrhundertealte Knochen neu

Die Toten aus dem Mittelalter sollen nahe der Kirche eine neue Ruhestätte bekommen. Ihre Skelette sind bei Arbeiten entdeckt worden.

Bei einer Zeremonie sind die Gebeine bestattet worden
Bei einer Zeremonie sind die Gebeine bestattet wordenCarsten Kalaschnikow / epd

Bremen. Mit einem Gottesdienst hat die evangelische St.-Stephani-Gemeinde in Bremen jahrhundertealte Knochen wieder bestattet. Die Skelette wurden in den vergangenen Monaten bei Erdarbeiten nahe der Weser neben der Stephani-Kirche gefunden, die zu den drei ältesten Sakralbauten in der Hansestadt zählt. Die Bergung der Skelettteile von mehr als 500 Toten aus 600 Jahren Gemeindeleben sei ein „gewaltiges Projekt“ gewesen, sagte Bremens Landesarchäologe Dieter Bischop.

Bestattet wurden die Gebeine nicht weit vom Fundort auf einer Fläche vor dem Nordschiff von St. Stephani. Die meisten Skelettteile waren schon in den zurückliegenden Wochen unter die Erde gekommen. Nun folgte symbolisch für alle anderen eine letzte Holzkiste.

Knochen wissenschaftlich untersucht

Die Knochen seien aussagekräftige Zeugen vom Leben und Sterben im Mittelalter und in der frühen Neuzeit, sagte Bischop. So hätten Untersuchungen Aufschluss etwa über Ernährungsgewohnheiten und Krankheiten gegeben. Die Gräber seien generell bis auf Kleinigkeiten wie Knöpfe und Stecknadeln des Totenhemdes ohne Beigaben gewesen. Rund um St. Stephani, heute eine Kulturkirche, lebten in früheren Zeiten meist ärmere Menschen, oft Schiffer und Fischer. Die Namen der Toten sind zumeist unbekannt.

In einer Holzkiste sind die Gebeine bestattet worden
In einer Holzkiste sind die Gebeine bestattet wordenCarsten Kalaschnikow / epd

Die Verstorbenen hätten „mitten im Leben“ der Gemeinde den richtigen Ort, sagte Kulturpastorin Diemut Meyer. In den Jahren zwischen 1139 und 1812 wurden Gemeindemitglieder auf dem Friedhof rund um die Kirche beigesetzt. Mit der Besetzung Bremens durch die Franzosen Anfang des 19. Jahrhunderts war damit Schluss: Napoleon setzte auf Hygiene und verbot Bestattungen in der Altstadt. Stattdessen wurden Begräbnisplätze am Stadtrand geschaffen.

Durch Bomben, die eigentlich auf die benachbarte Weserbrücke zielten, wurden im Zweiten Weltkrieg die meisten Gräber des ehemaligen St.-Stephani-Friedhofes aus ihrer ursprünglichen Lage gerissen – nur etwa 30 Gräber konnten noch komplett anthropologisch dokumentiert werden. Bei der Bergung halfen viele Ehrenamtliche, unter ihnen der Student Mostafa Ibrahim. Er habe sich ohne Zögern gemeldet, sagte der 22-jährige Muslim. Das sei eine menschliche Pflicht gewesen.

Hinweistafel geplant

Gefunden wurden die Skelette, weil auf dem Gelände eine Terrassenanlage entstehen soll, die sich von der Kirche aus in Richtung Weser öffnet. Die Arbeiten laufen noch bis in den Herbst. Geplant sei, nach dem Ende der gesamten Baumaßnahmen eine Hinweistafel anzubringen, die an den ehemaligen Friedhof und die gefundenen und nun würdig wieder bestatteten Gebeine erinnere, hieß es. (epd)