Bremen-„Tatort“ am Ostermontag über eine Tote im Wald

Drei Frauen mittleren Alters lassen sich mitten im Wald absetzen: Ohne technische Hilfsmittel sollen sie zurückfinden – nach eineinhalb Tagen und Nächten ist eine von ihnen tot. Unfall oder Mord?

Der Fund einer Leiche führt die Bremer Ermittlerinnen Liv Moormann und Linda Selb in den Wald
Der Fund einer Leiche führt die Bremer Ermittlerinnen Liv Moormann und Linda Selb in den WaldRadio Bremen / Claudia Konerding

„Scheißwald!“ Dieser Ausdruck fällt hier mehrfach. Trotz schöner und atmosphärischer Aufnahmen der vielleicht typischsten aller deutschen Landschaften – ein Sehnsuchtsort ist der Wald in dem Bremer „Tatort: Angst im Dunkeln“, den das Erste am Ostermontag, den 1. April von 20.15 bis 21.45 Uhr ausstrahlt, wahrlich nicht. Im Gegenteil: Man will ihn eigentlich nur möglichst schnell hinter sich lassen.

Das gilt auch für die drei Freundinnen mittleren Alters, die sich von ihren Teenager-Kindern mit verbundenen Augen in einem Waldstück bei Bremen aussetzen lassen, um ohne technische Hilfsmittel den Weg zurück in die so genannte Zivilisation zu finden. Aus Spaß an der Herausforderung oder gar Interesse an der Natur machen sie das nicht – sondern weil sie testen wollen, was ihre Sprösslinge später nachmachen sollen: Es geht um „Dropping“, einen pädagogischen Trend aus den Niederlanden. Dabei, so das Ziel, üben sich Jugendliche in Selbstständigkeit, Orientierung und Teamwork. Der Selbstversuch der Mütter geht allerdings gründlich schief: 36 Stunden nach Start des Abenteuers ist eine von ihnen tot.

Marlene (Inez Bjorg David) liegt mit Hämatomen am Kopf auf dem Waldboden, hat Medikamente und Alkohol im Blut und Schaum vor dem Mund – ist sie in einer kleinen Pfütze zu Tode gekommen, trockenes Ertrinken genannt? War es ein Unfall, eine Körperverletzung mit Todesfolge – oder ein Mord? Und wer hat Ayla (Pegah Ferydoni) und Viola (Sophie Lutz) unmittelbar danach ein Foto der Toten auf die (regelwidrig zur Survival-Tour mitgenommenen) Handys geschickt?

Der fünfte gemeinsame Fall von Liv Moormann und Linda Selb

Die Kommissarinnen Liv Moormann (Jasna Fritzi Bauer) und Linda Selb (Luise Wolfram) ermitteln – in ihrem fünften gemeinsamen Fall übrigens nun auch offiziell reduziert um den zuletzt recht unzuverlässigen Kollegen Mads Andersen (Dar Salim): Mads, heißt es einmal, arbeite jetzt bei Europol in Den Haag.

In Bremen hingegen wimmelt es schon bald nur so von Verdächtigen – einsam war es nämlich nicht in dem nächtlichen Wald. Da wäre der Ehemann der einen, der eine Affäre mit deren Wandergefährtin hat. Da wären die Spannungen zwischen den drei Frauen: Eigentlich sind sie eher Konkurrentinnen als Freundinnen, und was sie verbindet, sind vor allem ihre Nachbarschaft im bürgerlichen Bremer Stadtteil Schwachhausen sowie die Freundschaft ihrer Teenie-Kinder.

Da wäre besagter Nachwuchs, der offensichtlich auf dumme Gedanken gekommen ist. Und da wäre der ominöse „Handymann“, der Jahre zuvor heimlich campende Frauen fotografierte – und eine von ihnen womöglich auch tötete. Was man ihm freilich nie nachweisen konnte. Dieser Werner Behrens ist übrigens der Einzige, der den Wald wirklich liebt – damit ist er hier die Ausnahme, die die Regel bestätigt.

Mangel an Einfällen

Viel mehr fällt dem Film allerdings auch nicht ein zu seinem zentralen, eigentlich ja so anknüpfungsreichen Schauplatz. Überhaupt leiden das hölzerne Drehbuch von Kirsten Peters wie die fahrige Inszenierung von Leah Striker nicht nur unter einem Mangel an Einfällen, sondern auch an Stringenz und Präzision. Was „Angst im Dunkeln“ eigentlich erzählen will, bleibt – genau, im Dunkeln.

Geht es um eine „Außen hui, innen pfui“-Enthüllungs-Story, die Abgründe eines im Altbau residierenden und Klavier spielenden bildungsbürgerlichen Milieus? Um einen Außenseiter mit gruseligen Neigungen? Um rivalisierende Frauen oder übersteigerte Mutterliebe? Man weiß es auch nach 90 Minuten nicht.

Da dieser Krimi aber in Sachen Spannung ebenfalls schwerfällig daherkommt – das ständige Hin-und-Her zwischen Rückblenden und Gegenwartsebene erweist sich da nicht als förderlich -, ist das durchaus ein Problem. Die Darstellerinnen Pegah Ferydoni, Sophie Lutz und Inez Bjorg David, aber auch Henning Baum als Ehemann der Getöteten können der zugleich wirren wie blutleeren Story zwar so manch überzeugende Szene abringen. Auch sorgt die Kameraarbeit für eindrückliche (Ein-)Blicke. Dass es dem Film an innerem Drive wie Atmosphäre fehlt und dass selbst die Ermittlerinnen völlig blass bleiben, können allerdings auch diese wenigen Pluspunkte nicht wettmachen.

Tatort „Angst im Dunkeln“, Ostermontag, 20.15 Uhr, Das Erste