Braunkehlchen: Der bedrohte Bodenbrüter ist Vogel des Jahres 2023

Das Braunkehlchen hat hierzulande mit erschwerten Lebensbedingungen zu kämpfen – die Zeiten, wo man den Vogel in fast jedem Dorf sehen konnte, werden leider immer seltener.

Braunkehlchen befinden sich derzeit auf dem Rückflug aus ihrem Winterquartier südlich der Sahara nach Mitteleuropa
Braunkehlchen befinden sich derzeit auf dem Rückflug aus ihrem Winterquartier südlich der Sahara nach MitteleuropaNABU / Mathias Schaef

Sie sind schon unterwegs: Braunkehlchen befinden sich derzeit auf dem Rückflug aus ihrem Winterquartier südlich der Sahara nach Mitteleuropa. Dabei legen sie insgesamt rund 5.000 Kilometer zurück. Das kleine Federtier ist „Vogel des Jahres 2023“ und hat in Deutschland mit erschwerten Lebensbedingungen zu kämpfen.

Dabei galt das zur Gattung der Wiesenschmätzer zählende Braunkehlchen in Deutschland einmal als Allerweltsvogel. Das Tier mit den auffälligen weißen Streifen über den Augen und am Kinn sowie der braun-orangenen Färbung auf der Brust fand ausreichend Platz, um in Erdmulden sein Bodennest zu bauen. Insekten und Würmer sorgten für einen reich gedeckten Tisch.

Intensive Landwirtschaft bedroht Braunkehlchen

Das hat sich in den vergangenen 70 Jahren drastisch geändert. Eine intensivierte Landwirtschaft lässt Brutvögeln wenig Raum. Das Insektensterben reduziert die Speisekarte. Aber auch durch die Wiesen streifende Spaziergänger und Wanderer, Hunde und jagende Katzen setzen dem Bodenbrüter zu. Und intensivere Niederschläge ertränken die Küken in ihren Nestern. Deutschland ist für das Braunkehlchen geradezu Feindesland geworden.

In Bayern warnt das Landesamt für Umwelt in Augsburg davor, dass das Braunkehlchen im Freistaat vom Aussterben bedroht sei. Das Landesamt empfiehlt als Gegenmaßnahmen eine extensive landwirtschaftliche Nutzung von Flächen, den Erhalt von Brachland sowie den Schutz von sogenannten Niedermoorresten.

Braunkehlchen noch häufig in Mecklenburg-Vorpommern

Am häufigsten in Deutschland taucht das Braunkehlchen noch in Mecklenburg-Vorpommern auf. Dort hat eine Untersuchung der Tierschutzorganisation WWF 2017 ergeben, dass sich die Interessen von Vogel und Landwirtschaft verbinden lassen, wenn die Bauern an den Rändern ihrer Flächen Säume nicht bearbeiten. Auch staudenreiche Böschungen und Grabenränder mit Schilf laden die gefährdete Vogelart zum Brüten ein.

NABU/Mathias Schaef

In der Geschichte stand der Vogel im Ruf, besonders freiheitsliebend zu sein und sich für die Käfighaltung nicht zu eignen. Der Schriftsteller Ludwig Bechstein dichtete im 19. Jahrhundert über das Braunkehlchen: „Doch beraubt ihr ihn der Lust / seines Freiheitsglückes, / zieht den Kopf er in die Brust, / sitzt gesenkten Blickes. / Und gar leicht verkommt er dann, / Eh ihr’s thut vermeinen. / Gefangner Mann, ach armer Mann! – / Haltet lieber keinen!“

Braunkehlchen überwintern in Afrika

Wenn das Braunkehlchen aus Afrika wieder hergeflogen ist, herrscht in Sachen Fortpflanzung gleich Eile. Schon ab Mai werden die vier bis sieben blaugrünen Eier rund zwei Wochen lang bebrütet. Nach dem Schlüpfen dauert es weitere zwei Wochen, bis die Kleinen das Nest verlassen, wenige Tage später machen sie erste eigene Flugversuche.

Bis September muss der Nachwuchs den Flügelschlag beherrschen und sich einen Fettvorrat angefressen haben, denn dann geht es mit der älteren Generation wieder in den Süden ins Winterquartier. Braunkehlchen sind übrigens Nachtflieger. Den Tag verbringen sie mit Nahrungssuche oder dösen an sicheren Plätzen.