Brasilien: Sonderkommission sucht nach Verschwundenen

In Brasilien hat die Sonderkommission für Tote und Verschwundene während der Militärdiktatur nach mehr als zwei Jahren Pause ihre Arbeit wieder aufgenommen. Solange es noch ungeklärte Todesfälle und Verschwundene gebe, könne die Arbeit nicht beendet sein, zitiert das Nachrichtenportal G1 am Mittwoch (Ortszeit) die Kommissionsvorsitzende Eugênia Augusta Gonzaga. Die Familien der Opfer erwarteten eine Antwort, sagte die Juristin. Im Dezember 2022 wurde vom damaligen rechtsnationalen Präsidenten Jair Bolsonaro die Arbeit der Sonderkommission eingestellt. Sein Nachfolger, der Linkspolitiker Luiz Inácio Lula da Silva, setzte das Gremium jetzt wieder ein.
Während der Militärdiktatur (1964 bis 1985) kamen laut dem 2014 veröffentlichten Abschlussbericht der Nationalen Wahrheitskommission 434 Menschen durch politischen Mord ums Leben. Dutzende Todesfälle sind noch nicht aufgeklärt, zahlreiche Opfer nicht gefunden. Ein Amnestiegesetz von 1979 verhindert, dass die Schuldigen der Diktatur juristisch bestraft werden.
Als ersten Schritt will die Sonderkommission laut ihrer Vorsitzenden neue Sterbeurkunden für die Opfer beantragen, auf denen vermerkt ist, dass sie aufgrund politischer Motive vom Staat ermordet wurden. Auf der Suche nach den Verschwundenen sollen die Archive des Militärs und staatlicher Institutionen nochmals durchgegangen werden. Zahlreiche Untersuchungsprozesse wie DNA-Abgleiche sind laut der Sonderkommission bereits in Gang. Dem Gremium gehören neben Vertretern der Zivilgesellschaft auch Militärangehörige an. Ende des Jahres 2026 soll ein Großteil der Arbeit abgeschlossen sein.
Die Militärdiktatur war in Brasilien lange ein politisches Tabuthema. 1995 richtete die Regierung von Präsident Fernando Henrique Cardoso, der aus dem Exil zurückgekehrt war, die Sonderkommission für Tote und Verschwundene ein. Aber erst unter der Präsidentin Dilma Rousseff (2022 bis 2016), die selbst während der Diktatur inhaftiert und gefoltert wurde, erfolgte eine gründliche Aufarbeitung. Bolsonaro, der von 2019 bis 2023 im Amt war, leugnet bis heute, dass es in Brasilien einen Militärputsch gab