Brandbrief: Landpfarrer fordert bessere Integration der Migranten

Ein evangelischer Landpfarrer aus dem Landkreis Marburg-Biedenkopf hat in einem Brandbrief mehr Engagement bei der Integration von Migranten in die Gesellschaft gefordert. „Wir benötigen Arbeitskräfte, und da sind Leute“, sagte der Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Sterzhausen-Caldern, Ralf Ruckert, am Freitag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Es sei ihm ein Rätsel, „warum wir den Kompetenzschatz nicht heben können“.

Anlass für den Brief, der in dem Blog „Mittelhessischer Landbote“ veröffentlicht wurde, sei die Berichterstattung über die aktuelle Kriminalstatistik, nach der es einen Anstieg der Straftaten bei nicht deutschen Tatverdächtigten gegeben habe. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sei auf tagesschau.de mit dem Satz zitiert worden: „Integration stößt an ihre Grenzen“.

„Es war mal nötig zu sagen: Guckt mal, was hier unten passiert“, sagte Ruckert dem epd. Seine Gemeinde habe seit 2015 einen Schwerpunkt in der Flüchtlingshilfe. „Wir haben viele konkrete Erfahrungen gemacht, wo es hakt.“ So würden in Stellenausschreibungen zwar Leute mit Migrationshintergrund gesucht, aber faktisch hätten sie oft keine Chance: „Wir haben einen riesigen Fachkräftemangel, aber eine Architektin schreibt 55 erfolglose Bewerbungen.“

In dem Brief schreibt Ruckert: „Das staatliche System selbst arbeitet gegen den Staat.“ Das behördliche System sei „zu starr und zu unkommunikativ“, betonte der Pfarrer gegenüber dem epd. Man müsse stärker auf die individuelle Situation der Menschen schauen. Manche benötigten einen Mentor oder eine längere Einarbeitungszeit in den Firmen. „Sie brauchen jemanden, der sie bei der Hand nimmt.“ Im Brief schlägt er „fachspezifische Ausbildungszentren für Menschen mit Migrationshintergrund“ vor.

Ruckert hat den Brief unter anderem an Marburger Bundestagsabgeordnete, an die EKD-Bevollmächtigte bei der Bundesregierung und an die Bischöfin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Beate Hofmann, gerichtet. Die Bischöfin und auch der Marburger Propst hätten sich bedankt und nachgefragt, berichtete Ruckert.