Blinde ertasten Brustkrebs bereits im Frühstadium

Mit den besonderen Tastfähigkeiten von sehbehinderten Menschen lassen sich die Chancen für eine frühzeitige Entdeckung von Brustkrebs verbessern.

Sehbehinderte Menschen können bei der Brustkrebsvorsorge helfen.
Sehbehinderte Menschen können bei der Brustkrebsvorsorge helfen.Imago / Yay Images

Blinde und Sehbehinderte können als medizinisch taktile Untersucher (MTU) die standardmäßige Vorsorge ergänzen, sagte Tasterin Caroline Schoeniger aus Hamburg anlässlich des Weltkrebstages am 4. Februar. Schoeniger arbeitete zunächst als Grafikerin, musste den Beruf aber wegen einer Sehbehinderung aufgeben. Seit 2018 ist sie als MTU für das gemeinnützige Unternehmen „Discovering Hands“ tätig.

Kleinste Tumore ertastet

Laut Deutscher Krebsgesellschaft erkranken bundesweit jährlich rund 70.000 Frauen neu an Brustkrebs. Es ist damit die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen seien ein wichtiger Bestandteil der Früherkennung, sagte Schoeniger. Doch die Vorsorgeuntersuchung der Brust beim Frauenarzt „dauert meist nur drei Minuten“. Vielen Frauen erscheine das nicht gründlich genug.

Ein ergänzendes Angebot zur Standardvorsorge sei die Untersuchung durch eine medizinisch taktile Untersucherin. „Eine MTU kann Tumore bereits ab einer Größe von fünf Millimetern ertasten.“ Das entspreche ungefähr der Größe eines Kästchens in einem Mathematikheft, sagte Schoeniger, die seit ihrer Kindheit stark kurzsichtig ist und beidseitig ein Glaukom hat. Das von einem Arzt gegründete Unternehmen „Discovering Hands“ ermögliche sehbehinderten Menschen, „trotz ihrer Behinderung eine interessante und wertgeschätzte Tätigkeit auszuüben“. Sie genieße den oft „inspirierenden Austausch mit den Patientinnen und deren Dankbarkeit für diese Untersuchung“.

Einsatz in Arztpraxen

Die Vollzeit-Ausbildung bei „Dicovering Hands“ zur MTU dauere zwölf Monate. „In den ersten sechs Monaten wird medizinisches Fachwissen geschult und der bereits gute Tastsinn weiter verfeinert“, erklärte Schoeniger. Danach stünden Praktika in gynäkologischen Praxen und ein Klinikpraktikum in einem Brustzentrum auf dem Plan. Ausgebildete MTU würden von „Discovering Hands“ angestellt und für feste Tage an Arztpraxen ausgeliehen. Die MTU arbeite eigenständig, wichtig sei allerdings, dass immer ein Gynäkologe in der Praxis ist. „Um Befunde abzuklären, denn die Diagnose stellt immer der Arzt“, erklärte Schoeniger.

Die Untersuchung durch eine MTU dauere 45 bis 60 Minuten und koste zwischen 50 und 65 Euro. Viele Krankenkassen würden die Leistung erstatten.