Blick auf den blauen Planeten, “als wäre man im Weltall”

Faszinierend, atemberaubend oder „einfach nur wow“: So reagieren viele der rund 30.000 Menschen, die in den ersten zehn Tagen die Installation „Gaia“ in der Evangelischen Stadtkirche Karlsruhe besucht haben. Mit einem Durchmesser von sieben Metern ist das Kunstwerk eine detailgetreue und maßstabsgerechte Nachbildung der Erde. Es ist noch bis 6. Oktober täglich von 13 bis 22 Uhr bei freiem Eintritt zu sehen.

„Die Erde ist grandios geworden. Es fühlt sich an, als wäre man im Weltall“, schreibt ein neunjähriges Kind ins Gästebuch. Geschaffen hat sie der international bekannte britische Künstler Luke Jerram. Verwendet hat er dazu Originalbilder der US-Weltraumorganisation Nasa.

Der 50-jährige Künstler wünscht sich, dass die Betrachter die Erde als „einen unglaublich schönen und kostbaren Ort“ begreifen: „Ein Ökosystem, um das wir uns dringend kümmern müssen – unser einziges Zuhause.“

Die Installation ist besonders beeindruckend im Dunkeln und erzeugt den sogenannten Overview-Effekt. Dieser beschreibt eine Bewusstseinsveränderung bei Astronautinnen und Astronauten, die angesichts des einzigartigen Anblicks ein Gefühl großer Ehrfurcht vor dem Planeten Erde bekommen und gleichzeitig ein Verständnis für die Verbundenheit allen Lebens.

„Faszinierend, fragile Erde, wunderschön – keinen Krieg wert, keinen Konflikt wert“, lautet ein weiterer Eintrag im Gästebuch. Durch das Kunstwerk lasse sich die „geniale Schöpfung“ von anderer Seite sehen.

Die Kunstinstallation soll zum Staunen über den blauen Planeten anregen und zum Nachdenken über die Verletzlichkeit der Erde, erklärt Stadtkirchenpfarrerin Claudia Rauch. Das Kunstwerk, das nach der griechischen Göttin Gaia benannt wurde, ist 1,8 Millionen Mal kleiner als das Original. Jeder Zentimeter der von innen beleuchteten Skulptur entspricht 1.800 Metern.

Fast alle zücken ihr Handy und fotografieren. Es wird anfangs viel geredet und laut überlegt, wo welches Land liegt oder warum über der Wüste kaum Wolken zu sehen sind. Danach entstehe manchmal eine „unglaubliche Ruhe“ in der Kirche, wenn die Menschen nach den Handyfotos die blaue Erdkugel betrachteten, beobachtet Pfarrerin Rauch. Erst dann ist auch die dazugehörige Klanginstallation zu hören.

Die meisten Besucher stammen aus der Region. Aber auch Einträge aus der Ukraine, der Slowakei und sogar den USA finden sich im Gästebuch ein. Viele sind überrascht, wie viel Erdoberfläche nur von Wasser bedeckt ist. Wer direkt unter der von innen beleuchteten Kugel steht, sieht vor allem die schneebedeckte Antarktis.

Wer Deutschland oder Spanien näher betrachten will, muss auf die zweite Empore der Kirche steigen. Denn Europa liegt ganz weit oben auf dem Erdball – und ist viel kleiner als von einigen erwartet. Ein Besucher macht es mit diesen Worten deutlich: „Wir sind in Deutschland nicht der Nabel der Welt, wenngleich wir maßgeblich an der Zerstörung unseres Planeten beteiligt sind.“ (2161/25.09.2024)