Bislang 15.000 Herztransplantationen in Deutschland
Herzverpflanzungen zählen mittlerweile zu den Routineoperationen. 15.000 waren es bislang in Deutschland. Doch es gibt zu wenig Spenderorgane.
Der 36-jährige Patient überlebte nur 27 Stunden. Am 13. Februar 1969 verpflanzte ein Münchner Chirurgen-Team das erste Herz auf deutschem Boden – 430 Tage nach der weltweit ersten Herztransplantation 1967 durch den südafrikanischen Herzchirurgen Christiaan Barnard.
Seitdem wurden in der Bundesrepublik 15.000 Herzen verpflanzt, teilten die Deutsche Stiftung Organtransplantation und die Deutsche Transplantationsgesellschaft am Mittwoch in Frankfurt mit. Die Herztransplantation sei inzwischen eine Routineoperation geworden, die trotzdem sehr anspruchsvoll bleibe.
Ende der 60er Jahre war das Verständnis für die Abläufe im Körper noch unausgereift: Ein Jahr lang hatten sich die Münchner Mediziner intensiv vorbereitet. Der Patient überlebte nicht, weil das Spenderherz durch einen Unfall des Spenders vorgeschädigt war, “was mit dem damaligen medizinischen Wissen nicht abzusehen war”. Die beteiligten Ärzte empfanden den schnellen Tod ihres Patienten als niederschmetternd.
Barnard, Sohn eines protestantischen Missionars, hatte 1967 mit der allerersten Herztransplantation Medizingeschichte geschrieben – obwohl sein Patient nur 18 Tage überlebte. Seine Pioniertat wurde mit der Mondlandung verglichen. Doch sein Sieg im Wettlauf um Ruhm und Ehre hatte einen Beigeschmack: Er selbst sprach von einem “Sprung ins kalte Wasser”. Viele hielten eine derart komplizierte Operation für verfrüht, hatte es bis dahin ähnliche Experimente doch nur an Hunden gegeben.
Andererseits: 13 Jahre nach der ersten erfolgreichen Nierentransplantation in Boston waren 1967 wichtige Voraussetzungen für eine Herztransplantation beim Menschen erfüllt. Die Herz-Lungen-Maschine konnte für die Dauer der Operation die Herzfunktion übernehmen, und eine ausreichende Konservierung des Spenderherzens war möglich.
Auch andere Mediziner fühlten sich deshalb ermutigt. Es kam zu einer Welle an Organverpflanzungen, die jedoch allesamt nicht längerfristig erfolgreich waren. Es gab immer neue Rückschläge.
Erst in den 1980er Jahren, nach der Einführung verschiedener effektiv wirkender und nebenwirkungsärmerer Medikamente zur Unterdrückung des Immunsystems, wurden die Herztransplantations-Programme ausgeweitet. Erst durch weiterreichende Erkenntnisse über das menschliche Immunsystem und das damit einhergehende bessere Verständnis der Abstoßungsreaktion waren deutlich höhere Überlebenschancen der organtransplantierten Patienten gegeben.
Heute ist die Herztransplantation zu einem kalkulierbaren Risiko geworden. Patienten können 15 bis 20 Jahre mit einem fremden Herzen leben; die durchschnittliche Überlebenszeit beträgt etwa 10 Jahre. Derzeit erhalten weltweit jährlich rund 4.000 Patienten pro Jahr ein neues Herz.
Das Nadelöhr sind fehlende Spenderorgane: In den vergangenen zehn Jahren gab es in Deutschland laut Stiftung Organtransplantation rund 5.000 Neuaufnahmen auf die Warteliste zur Herztransplantation, gleichzeitig aber nur rund 3.200 Transplantationen.
Mediziner und Wissenschaftler forschen an Alternativen: Um Patienten mit Herzschwäche im Endstadium eine Überlebenschance zu ermöglichen, kommen künstliche Herzunterstützungssysteme zum Einsatz. Andere arbeiten an Kunstherzen oder versuchen, Schweineherzen genetisch zu verändern, damit sie von Patienten nicht abgestoßen werden. Wissenschaftler experimentieren mit körpereigenen Zellen, um Transplantate zu gewinnen. Auch bei der medikamentösen Therapie gibt es große Fortschritte. Andererseits: Zwar gelang es US-Wissenschaftlern 2022, erstmals ein Schweineherz in einen Menschen zu verpflanzen. Zwei Monate später ist der Patient allerdings gestorben.
Für Jan Gummert, Vorsitzender der Kommission Herz/Lunge der Transplantationsgesellschaft, hat die Transplantation weiterhin hohe Priorität. Künstliche Unterstützungssysteme böten zwar heute eine akzeptable Lebensqualität, um die Wartezeit auf ein Herz zu überbrücken, sagt er. “Als vollwertiger Ersatz für ein Spenderherz eignen sie sich aber auch nicht. Daher müssen wir uns alle weiter für die Organspende einsetzen, nach wie vor gibt es zu wenig Spenderorgane in Deutschland.”