Bischof Meyns warnt vor anhaltendem Antisemitismus

Bis zu 20 Prozent der Bevölkerung seien empfänglich für antisemitische Gedanken, kritisierte der Theologe am Israelsonntag. Auch das Christentum habe zum Antisemitismus beigetragen.

Christoph Meyns
Christoph MeynsLandeskirche Braunschweig

Braunschweig. Der braunschweigische Landesbischof Christoph Meyns hat vor anhaltendem Antisemitismus und Hass gewarnt. „Völkisches Gedankengut, das Menschen in gute und schlechte ethnische Gruppen einteilt und neokonservative Strömungen, die gegen liberale Freiheiten des Einzelnen auf kollektive Identitäten setzen, gewinnen derzeit an Stärke“, mahnte der Theologe zum sogenannten Israelsonntag im Braunschweiger Dom.

„Sozialempirische Untersuchungen sprechen davon, dass zwischen 10 und 20 Prozent der Bevölkerung empfänglich sind für antisemitische Gedanken.“ Dabei handle es sich nicht allein um rechtsextreme Kreise, sagte Meyns. In unterschiedlichen Ausprägungen sei der Hass gegen Juden verbreitet in Verbindung mit nationalistischen, rassistischen oder antikapitalistischen Ideen, in Verbindung mit dem Hass gegen Frauen oder Homosexuelle, zusammen mit Globalisierungsängsten, in der Rapper-Szene oder unter Muslimen.

Brücken bauen

Umso wichtiger sei es, Brücken zu bauen und Versöhnung zu suchen, betonte der Bischof. Das schließe jede Form von Überheblichkeit, Abgrenzung, Abwertung oder Besserwisserei aus. „Menschen zu lieben, das bedeutet, sie nicht in Gruppen einzuteilen, nicht in gut und böse zu spalten.“

Leider habe das Christentum zum Antisemitismus beigetragen, bedauerte Meyns: „Die Wurzeln des modernen Judenhasses liegen in der langen Tradition antijudaistischer Propaganda, Diskriminierung und Verfolgung in Theologie und Praxis der christlichen Kirche.“ Erst nach dem Zweiten Weltkrieg und unter dem Eindruck der Ermordung von sechs Millionen Juden habe sich das Verhältnis der Kirche zum Judentum grundlegend geändert.

Selbstreflexion am Israelsonntag

Mit dem Israelsonntag erinnern die Kirchen seit dem Mittelalter an die Zerstörung des jüdischen Tempels und der Stadt Jerusalem im Jahr 70 nach Christi Geburt. Der Tag dient der kritischen Selbstreflexion und der Rückbesinnung auf die gemeinsamen Wurzeln von Juden und Christen. (epd)