Bischof: “Judenfeindschaft kann auch enorm entlastend sein”
Mecklenburg-Vorpommern will einen Aktionsplan gegen Antisemitismus auf den Weg bringen. Bei einer Landeskonferenz dazu ging Bischof Jeremias den Ursachen für Verschwörungstheorien nach. Eine sei Überforderung.
Die grassierenden Verschwörungstheorien haben laut dem evangelischen Nordkirchen-Bischof Tilman Jeremias psychologisch eine Entlastungsfunktion. “Judenfeindschaft kann ja auch enorm entlastend sein. Wir erleben gerade viel Krise, vieles, mit dem wir nicht klar kommen. Dann identifiziere ich eine kleine Gruppe von Menschen, die angeblich schuld daran sind. Man darf das nicht unterschätzen, wie entlastend es sein kann für Menschen, die sich sehr überfordert fühlen”, sagte er am Montag in Schwerin bei der Landeskonferenz für einen Aktionsplan gegen Antisemitismus in Mecklenburg-Vorpommern.
Diese “katastrophale Dynamik” müsse man durch Bildung durchbrechen: “Es ist deshalb eine große Bildungsaufgabe, Kinder und Jugendlichen zu sagen, ihr seid für euer Leben selbst verantwortlich. Es sind nicht die anderen, die euer Leben schlecht machen. Das ist ja auch ein urdemokratischer Gedanke, selbst einzustehen dafür, dass die Welt friedlicher und gerechter wird.”
Weiter sagte der Bischof im Sprengel Mecklenburg und Pommern: “Ich finde es nahezu unerträglich, zu hören, dass jüdische Menschen unter uns in Angst leben und sich tragen mit Auswanderungsgedanken. Mich schmerzt das zutiefst und die Geschichte, die dahintersteckt, ist eben auch eine Schamgeschichte des christlichen Antijudaismus über Jahrhunderte.”
Zur sogenannten Beteiligungskonferenz hatten das Ministerium für Wissenschaft, die Landeszentrale für politische Bildung und Mecklenburg-Vorpommerns Antisemitismus-Beauftragter eingeladen.