Bischof Jeremias: Kirche ist nicht vor dem Staat eingeknickt

In der Krise hätten sich Gemeinden und Diakonie gut geschlagen, lobt der Theologe in seinem Bericht. Sorge bereitet ihm aber die Situation in Altenheimen.

Der Saal in Lübeck-Travemünde wird leer bleiben (Archivbild)
Der Saal in Lübeck-Travemünde wird leer bleiben (Archivbild)Tilman Baier

Lübeck-Travemünde. Der Bischof im Sprengel Mecklenburg und Pommern, Tilman Jeremias, hat Kritik zurückgewiesen, die Kirche sei vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie durch die Absage von Gottesdiensten vor dem Staat eingeknickt oder habe in der Seelsorge Menschen alleingelassen. Seinem Erleben nach seien es vor allem die Kirchengemeinden und die diakonischen Einrichtungen vor Ort, „die zur gegenwärtigen Krisenzeit in der Lage und kreativ bemüht sind, den Kontakt zu einsamen und hilfsbedürftigen Menschen zu halten“, sagte Jeremias auf der Synode der Nordkirche. Das passiere etwa per Telefon und Brief, durch digitale Formate und Besuche mit Abstand.

Gerade mit Blick auf Vorerkrankte und Ältere sei es vernünftig gewesen, „im Zuge des staatlichen Lockdowns auf Gottesdienste in Kirchen zu verzichten“. Bezogen auf das Besuchsverbot in Pflegeheimen und Kliniken sei jedoch zu fragen, ob „allzu strikte Maßnahmen verhältnismäßig sind in der Abwägung zwischen Schutz vor Infektion und dem basalen Wunsch nach menschlicher Nähe“.

Krise im Tourismus

Auch Einsamkeit könne krank machen, so Jeremias, der im vergangenen Jahr sein Amt als Bischof angetreten hatte. „Kirche war und ist auch systemrelevant in Krisenzeiten“, sagte er. Das habe sich jedoch weniger in lauten Tönen gezeigt als etwa in „der treuen seelsorgerlichen Begleitung“.

Bischof Tilman Jeremias
Bischof Tilman JeremiasMarcelo Hernandez / Nordkirche

Jeremias verwies darauf, dass die für Mecklenburg-Vorpommern essenzielle Tourismusbranche hart von den Auswirkungen der Pandemie getroffen sei. Auch kirchliche Beherbergungsstätten kämpften aufgrund der reduzierten Belegungszahlen um ihre Existenz.

Ein Herzensanliegen

Ein „Herzensanliegen“ sei ihm die pädagogische Arbeit. Besonders evangelische Schulen würden immer mehr Orte kirchlicher Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, so Jeremias. „Wenn wir in den kommenden Jahren weitere Stellen abbauen müssen, ist es mir ein dringendes Anliegen, dass gemeindepädagogische und kirchenmusikalische Arbeit neben dem Pfarramt prominent hauptamtlich vertreten bleibt – und auch das Küsteramt.“ Pastorinnen und Pastoren müssten weiter von Verwaltungsaufgaben entlastet werden, forderte der Bischof. (epd)