Bischof Adomeit bittet Missbrauchsopfer um Entschuldigung

Der oldenburgische Bischof Thomas Adomeit hat die Opfer von sexualisierter Gewalt in seiner Landeskirche um Verzeihung gebeten. „Jede beschuldigte Person und vor allem jede betroffene Person ist für uns eine zu viel. Ich möchte allen Betroffenen mein Mitgefühl aussprechen im Bewusstsein dessen, was sie erlitten haben und sie aufrichtig um Entschuldigung bitten“, sagte Adomeit am Donnerstag in Oldenburg. Anlass war die Vorstellung der ersten übergreifenden Untersuchung zu sexuellem Missbrauch an Kindern und Jugendlichen in der evangelischen Kirche, der sogenannten ForuM-Studie.

Für die von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Auftrag gegebene Studie wurden Daten aus allen 20 Gliedkirchen der EKD ausgewertet. Wie die oldenburgische Kirche mitteilte, wurden im Rahmen des Aktenscreenings von Disziplinar- und Personalakten der Landeskirche 18 Beschuldigte und 25 bis 30 Betroffene sexualisierter Gewalt, die zum Tatzeitpunkt minderjährig waren, in den Jahren 1946 bis Ende 2020 ermittelt und an den Forschungsverbund ForuM gemeldet.

Die Studie sei „ein wichtiger Schritt im entschlossenen Einsatz der evangelischen Kirchen gegen sexualisierte Gewalt“, sagte Adomeit weiter. Dass es in kirchlichen Kontexten zu sexualisierter Gewalt gekommen sei, mache ihn „sehr betroffen und sogar wütend. Nicht nur deswegen, weil Vertrauen missbraucht wurde, sondern auch, weil die Betroffenen oft ein Leben lang an den Folgen leiden.“ Entschlossen und sorgfältig gegen sexualisierte Gewalt vorzugehen, ergebe sich aus dem christlichen Auftrag, betonte der Bischof.

Bereits 2010 hatte die oldenburgische Kirchenleitung eine Null-Toleranz-Linie verkündet und Ansprechpersonen für sexualisierte Gewalt benannt. Im Dezember 2021 ist zudem ein entsprechendes Kirchengesetz zum Schutz vor sexualisierter Gewalt in Kraft getreten, das unter anderem eine Meldestelle vorsieht. Die Kirchenleitung wurde zudem verpflichtet, einen Beauftragten für Angebote der Prävention etwa in der Beratung der Gemeinden und Einrichtungen zu bestimmen.

Die ForuM-Studie liefert dem Forschungsverbund zufolge „deutliche Belege“ für ein hohes Ausmaß sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche und diakonischen Werken. Die Rede ist EKD-weit von 2.225 Betroffenen und 1.259 mutmaßlichen Tätern. Dies sei aber nur „Spitze der Spitze des Eisbergs“. In einer Hochrechnung, die aus Sicht des Forscherteams mit „sehr großer Vorsicht“ betrachtet werden muss, ergäbe sich eine Zahl von insgesamt 9.355 Betroffenen bei geschätzt 3.497 Beschuldigten.