Bischöfin Fehrs: „Jeden Tag droht eine Wiederholung“

Angehörige der Opfer sprechen auf einer Gedenkfeier und finden bemerkenswerte Worte. Bischöfin Fehrs hat eine klare Mahnung.

Kerzen brennen zum Gedenken (Symbolbild)
Kerzen brennen zum Gedenken (Symbolbild)OFC Pictures / Fotolia

Mölln. Die schleswig-holsteinische Stadt Mölln hat mit Kranzniederlegungen und einem interreligiösen Gottesdienst an die rechtsextremistischen Brandanschläge vor 25 Jahren erinnert. Drei Türkinnen waren in ihrem brennenden Haus ums Leben gekommen. "Niemals wollen wir die Namen derer vergessen, denen das Leben genommen wurde: Bahide Arslan, Yeliz Arslan, Ayse Yilmaz", sagte Bischöfin Kirsten Fehrs. Der türkische Botschafter Kemal Aydin sagt er hoffe, dass Deutschland aus den Taten gelernt habe.
In der Nacht vom 22. auf den 23. November 1992 hatten in der Möllner Innenstadt zwei Skinheads Molotow-Cocktails in zwei Häuser geworfen, die von Ausländern bewohnt wurden. In der Mühlenstraße 9 starben die 52-jährige Bahide Arslan, ihre Enkelin Yeliz (10) und ihre Nichte Ayse (14). Neun weitere Menschen wurden zum Teil schwer verletzt.

"Ich fühle mich zuhause"

Faruk Arslan, Angehöriger der Familie, sagte, er sehe, dass die Stadt Mölln seit den Anschlägen etwas Gutes für das Zusammenleben von Türken und Deutschen gemacht habe. Das sollte auch weitergeführt werden. "Wenn ich in Mölln bin, fühle ich mich zu Hause." Heftige Kritik übte jedoch sein Bruder Ibrahim Arslan. Nur wenige Möllner seien bei den Demonstrationen gegen Rassismus dabei. Sie könnten ohnehin nicht nachfühlen, was ihn selbst bewege. Bei der Gedenkfeier stehe vor allem Reklame für die Stadt Mölln im Vordergrund.
Es sei beispielhaft, dass die Familie Arslan nach den Anschlägen sich nicht von Hass habe leiten lassen, betonte dagegen Innenstaatssekretär Torsten Geerdts (CDU).
Deutschland sei trotz zahlreicher rechtsextremistischer Anschläge viele Jahre lang "auf dem rechten Auge blind geblieben", beklagte Staatsministerin Aydan Özoguz (SPD). Der Kampf gegen Rassismus und Rechtsextremismus sei aktueller denn je. Die Zahl rechtsextremer Straftaten habe in den vergangenen Jahren dramatisch zugenommen.

Täter nach wenigen Tagen gefasst

Notwendig sei, das Schweigen über neonazistische Brandanschläge zu brechen, forderte Bischöfin Fehrs. Nahezu täglich werde in diesem Jahr ein Anschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft registriert, darunter insgesamt ein Dutzend Brandanschläge. Ihre klare Mahnung: "Jeden Tag droht eine Wiederholung dessen, was 1992 hier in Mölln geschah."
Mölln war Teil einer Serie von Angriffen gegen Ausländer Anfang der 1990er Jahre. Die Angriffe auf das Ausländerwohnheim Hoyerswerda im September 1991 und das Asylaufnahmelager in Rostock-Lichtenhagen im August 1992 sorgten auch im Ausland für Schlagzeilen. In Mölln wurden erstmals Menschen bei einem Brandanschlag getötet. Neu war auch, dass Rechtsextreme in Westdeutschland zuschlugen. Ein halbes Jahr später folgte der Brandanschlag von Solingen, der fünf Tote forderte.
Die Täter von Mölln konnten damals nach wenigen Tagen gefasst werden. Ein Jahr später wurden ein 19-jähriger Skinhead aus Mölln zu zehn Jahren Jugendstrafe und ein 25-Jähriger aus dem benachbarten Gudow zu lebenslanger Haft verurteilt. Das Brandhaus in der Mühlenstraße wurde mehr als zwei Jahre nach dem Brand wieder bezogen. Auch die Familie Arslan wohnte dort anfangs wieder, zog dann aber später nach Hamburg. Eine Gedenktafel am Haus und die Benennung nach Bahide Arslan erinnern an das Verbrechen. (epd)